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Fernöstliches Tagebuch

von Helmut Rieländer

Seite 39, Teil 2 von 3
25. bis 29. April 2009

Gegen Abend erreichen wir mit dem silberfarbenen Pickup wieder das Guesthouse unweit des Jong-Kham-Sees. Das passende Fahrzeug war leider auch am darauf folgenden Dienstagmorgen ein Problem. Eak, der übrigens ein sehr sicherer Fahrer zu sein scheint, machte schon am Abend zuvor Andeutungen, dass die Strecke hinauf ins Gebirge zum Bergvolk der Karen ohne Allradantrieb nicht zu bewerkstelligen sei. Am besagten 28.April nehme ich das Angebot wahr und lasse mich auf den 130 Meter über der Stadt liegenden kleinen Berg des Wat Doi Kong Mu (425 m. ü. M.) mit meinen Malsachen fahren, um den Blick in südwestlicher Richtung zu genießen und auf einem Leporello (mehrere Meter langes Klappbild wie auf der Mekongfahrt im Dezember) festzuhalten. Dieses Mal bewegt sich die Landschaft nicht an mir vorüber wie bei den großen Mekong-Leporellos im Dezember, sondern ich drehe mich im Uhrzeigersinn um die Berglandschaft einzufangen. Ich zeige hier zwei kleine Ausschnitte, des nur zum Teil gelungenen Panoramablickes über die Gebirge der Bergvölker.

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Beginn des Leporello der Berglandschaft südlich von Mae Hong Son, die auch von den kariang (Karen) und den meo (Hmong), die wir nun endlich morgen besuchen werden, bewohnt werden. Die Zeichnung, ebenfalls auf handgeschöpftem Papier (dieses ist aus Laos) mit Bambusrohrfeder begonnen und später mit Pinsel weiterbearbeitet (war vielleicht nicht so eine gute Idee). Das Leporello ist ca. 264 cm lang und 28 cm hoch.

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Der zweite Ausschnitt aus dem 22 Segmente umfassenden Leporello. Hier fand auch verstärkt Pinseleinsatz statt.

Am Abend um 18:30 Uhr – die Sonne tastete mit ihren letzten Strahlen noch einmal über die Berge - holte mich Eak mit Sack und Pack wieder auf dem kleinen Berg ab. Unten im Ort besorgen wir noch schnell in der Apotheke Mückenspray, Pflaster, zwei mittlere Ananas auf dem nahen Markt - die hier übrigens zapparott heißen, sie sprechen es aber‚zapalott’ aus - und bestellen in einem Restaurant ein Brot und vier riesige Brötchen für die morgige Fahrt in die Berge. Am Vormittag hatte ich bereits einige Dosen eingelegten Fisch, Nudeln, Glasnudeln und Reis besorgt. Für die Kinder Süßigkeiten bei ‚Seven-Eleven’, und Geld für die Erwachsenen ‚klein gemacht’. Auch hatte ich Dao – die Besitzerin des Guesthouses, die sich sehr um das Karen-Dorf kümmert und überall Hilfsgüter für sie sammelt – gefragt, was die Schule gebrauchen könnte. Sie sagte, eigentlich alles... Papier, Bleistifte, Radiergummis etc.. Ich besorgte somit Schreibhefte und diverse Bleistifte mit Radiergummi in ‚Klassenstärke’ (hier dreißig junge Menschen). Dao hatte uns auch geraten, Essbares mitzunehmen, denn das Essen der Karen würden wir nicht vertragen. Mit ‚wir’ war auch Eak gemeint, der mich die fast hundert Kilometer weite Strecke hinauf fahren soll. Nach unserem abendlichen kurzen Einkauf holte Eak den allradbetriebenen jeepartigen geländegängigen Wagen.

Am nächsten Donnerstagmorgen ging’s dann – nach dem Einpacken der eingekauften Utensilien, zwei Igluzelten und drei Schlafsäcken und einem Kopfkissen (für mich!) tatsächlich die Landstraße 108 hinunter gen Süden.

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Eak der Mitbetreiber des Guesthouses Jong Kham in MHS und der Tagebuchschreiber neben dem Allradgefährt im Garten des Guesthouses.

Die erste Rast legen wir am ‚Tha Bong-Viewpoint’ (Aussichtspunkt) mit östlicher Blickrichtung ein. Der Aussichtspunkt liegt 17 Kilometer südlich von MHS. Weißlich-graue tief hängende Wolken ziehen durch die Täler, die weiter unter uns liegen.

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Pha Bong-Viewpoint der den Blick in die Berge in östliche Richtung freigibt. Es ist das Siedlungsgebiet der ‚Weißen Karen’. In entgegen gesetzter westlicher Richtung liegt das Siedlungsgebiet der ‚Roten Karen’

Die vom Viewpoint einzusehenden Täler entsprechen der Himmelsrichtung in der die Hilltribe People eine Bleibe gefunden haben. Östlich der Landstraße 108 sollen es bis auf wenige Ausnahmen die’ Weißen Karen’ sein, die sich in den Gebirgen als eine Art Selbstversorger – wie ich am Abend zuvor erfuhr – angesiedelt haben. In Richtung der Grenze nach Myanmar leben die ‚Roten Karen’ die sich seit über vierzig Jahren für einen von Myanmar (davor nannte sich das Land Birma) unabhängigen Staat, der Karenni bezeichnet wird, einsetzen. Weite Gebiete, so sagt man, die nahe der burmesisch-thailändischen Grenze liegen, sollen unter ihrer Kontrolle stehen.

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Landkarte der ‚roten Route’ die wir in den nächsten drei Tagen befahren werden. Links außerhalb des Kartenausschnitts liegt die Grenze nach Myanmar.

Wir bewegten uns nun weiter in südliche Richtung. Die Landstraße 108 ist zwar etwas kurvig angelegt, aber gut befahrbar und breit für jedwede Überholmanöver. Nach weiteren 19 Kilometern biegen wir auf eine steil ansteigende geteerte Straße, die den Wegweiser ‚ Meo-Microwave’ an seiner Weggabelung trug, hinauf in die Berge. Meo-Microwave ist – wie der Name ‚Meo’ schon verrät – ein Dorf des Bergvolks der Hmong (die Hmong heißen bei den Thailändern ‚meo’).

In Thailand sollen ungefähr 200 000 Hmong leben. Sie leben in den Regionen Loei, Phitsanulok, Nan, Phayao, Chiang Rai und südlich von Chiang Mai in der Region von Tak. Einige versprengte Dörfer befinden sich auch im Nordwesten so wie dieses Dorf, über dessen steil ansteigende Straße sich unser allradbetriebenes Gefährt nun hinaufquält. Auf halber Höhe muss Eak den Wagen anhalten, da das Wasser im Kühler bereits kocht. Um uns herum nur Wolken und Dunst. Der Ort befindet sich auf mehreren hundert Metern Höhe.

Ich frage meinen immer noch sehr entspannt wirkenden Fahrer nach dem etwas kurios anmutenden Ortsnamen. Eak schmunzelt. Er vermutet, dass der Begriff ‚Microwave’ von den hohen Temperaturen, die hier im Sommer herrschen sollen, herrühren könnten. Das ‚Meo’ weist auf die Hmong, die den Ort gegründet haben hin. Sie sollen mit dem auch im Norden lebenden Bergvolk der Yao verwandt sein, die aus den zentralen chinesischen Provinzen Tzetchuan und Kieng-Tsi von feindlichen Volksgruppen von dort vertrieben wurden und darauf südwärts bis in den Norden Thailands wanderten. Die Yao leben bereits seit fast hundert Jahren in Thailand. Die mit ihnen verwandten Meo oder Hmong leben in 1000 bis 1300 Metern Höhe, und ernähren sich vom Gemüseanbau und von der Viehzucht. Zu ihren Riten gehört der Genuss von Opium. Auf diesen Höhenmetern gedeihen die Mohnpflanzen prächtig und die thailändische Regierung genehmigt ihnen diesen für ihre Kultur wichtige Pflanze für den eigenen Bedarf. Trotzdem scheint es so, dass einzelne Familien der Hmong recht gut vom Opiumanbau leben können.

„...eine Familie kann durch das Opium über 10 000 Baht (ungf. 200 €) verdienen – ein kleines Vermögen in den armen Bergregionen.

Das Pflanzen und Ziehen der jungen Opiumpflanzen findet zwischen den Monaten August und November statt, im Dezember stehen die Pflanzen in voller Blüte, und von Januar bis März wird geerntet. Die thailändische Regierung als auch König Bhumipol bemühen sich, die Meo vom Opiumanbau abzubringen und verstärkt zur Viehzucht oder zum Anbau von legalen Früchten zu bewegen.“

(aus: Krack, Rainer; Vater, Tom / Thailandhandbuch / Bielefeld 2006 / Seite158f)

Über den Anbau von Opium der Meo von Meo Microwave wurde uns während unseres kurzen Aufenthaltes im Ort nichts gewahr. In Chiang Rai sieht man an der Watmauer des Wat Meng Mueang in der Th. Uttarakit an jedem Vormittag Mitglieder verschiedener Bergvölker, so auch der Meo, sitzen und Gemüse, Gewürze und vor allen Dingen Knoblauch in großen Mengen verkaufen.

Der Kühler unseres geländegängigen Fahrzeuges hatte sich nun abgekühlt und wir konnten unseren Weg den Berg hinauf fortsetzen. Nach einer weiteren Viertelstunde erreichen wir über eine Anhöhe den Ort und die sich an einen Berg rechts von uns schmiegend Hütten der Bewohner liegen vor uns. Wir fahren ein Stück in den Ort und ich mache mich gleich auf den Weg, auf einem Stapel Holz sitzend, einen kleinen Ausschnitt der Häuser und Hütten am Hang vor mir in meinem Skizzenbuch festzuhalten.

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Einige Häuser und Hütten im Ort der Hmong in Meo Microwave am Morgen des 29.04.09

Beim Malen kommen wieder Kinder und einige Dorfbewohner hinzu und beäugen mich beim Skizzieren von der Nähe. Ein älterer Mann versucht seiner Begeisterung ob der Skizze zum Ausdruck zu bringen. Meist enden solche Kommentare mit dem erhobenen Daumen. Nach zwanzig Minuten, der Wagen muss sich auch noch weiterhin nach dem steilen Anstieg abkühlen, machen wir einen Rundgang durch den in einer kleinen Talsenke liegenden Ort. Die Wäsche der Bewohner ist auf der Leitplanke der Straße und an Gittern von Umzäunungen der Hochspannungsmasten zum Trocknen aufgehängt oder übergelegt.

Hier nun einige fotografische Impressionen, die auf unserem Gang durch das Dorf entstanden.

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Die Kleidung der Hmong ist zwar vorwiegend schwarz, hat aber feine, meist runde Aufnäher in verschiedenen Farben, die sich von den Samtstoffen der Jacken, Hosen und Röcke dezent abheben. Die Frauen erkennt man an ihrem Haarknoten und traditionell tragen viele Männer auf dem Kopf eine runde Kappe.

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