Fernöstliches Tagebuch
von Helmut Rieländer
Seite 33, Teil 1 von 2
15. bis 21. März 2009
Nach weitestgehender Besserung des Gesundheitszustandes mit Unterstützung des fähigen Physiotherapeuten S. Somsacksith im Krankenhaus von Pakxe, überstandenem Wind- und Sturmschäden in der Nacht vom 13. auf den 14. März, und dem damit verspäteten Erscheinungsdatum der neuen Seite 32 im Netz, ist wieder Ruhe in mich und auch auf die Insel Done Daeng eingekehrt. Die Nächte, aber auch die Tagestemperaturen, haben sich merklich abgekühlt, und über den Himmel ziehen häufig Wolken, die auch dem Sonntagnachmittag erträgliche Temperaturen bescherten.
Ich nutzte die Zeit, das Grundstück des Resorts eingehender zu studieren und einen anderen Blick auf das gegenüberliegende Gebirge, von dem der Lingaparavata (der Pimmel- oder der Brustberg – darüber streiten sich die Geister) einen gewissen Raum einnimmt.
Auf dem Grundstück des ‚La Folie Lodge’ – Resorts wachsen diverse Blumen, Büsche und auch Bäume. Darunter sind auch Bäume vertreten, deren Früchte uns durch viele wohlriechende und auch aromatische Salate ein Begriff sind.
Blick in den Garten des ‚La Folie Lodge’ – Resorts auf der Insel Done Daeng im Mekong bei Champassak
Es sind vertreten: Mango, Frangipani, Jackfruit, Lagerstroemia, Hibiskus, Kokuspalme, Betelnusspalme, Bismarckpalme ... um nur einige zu nennen. (Informationen von Dr. Klaus Schwettmann / Vientiane, der sich vor über einem Jahr auf der Insel aufgehalten hat)
Besonders die Jackfruit, mit ihren charakteristischen Früchten, war mir gleich bei der Ankunft ins Auge gesprungen. Ich habe schon diverse Bäume dieser Frucht mit vereinzelten Früchten daran gesehen. Hier haben wir es aber wahrlich mit einer Fülle dieser mehrere Kilogramm schweren Frucht, die alle an einem Baum – aus Gewichtsgründen klugerweise direkt mit dem Stamm verbunden – wachsen.
Der Baum der Jackfruit (Maak Mii) im Garten des ‚La Folie Lodge’ – Resorts auf der Insel Done Daeng
Die Reifezeit der Früchte des Jackfruitbaumes ist die Zeit zwischen April und Juli. Die Leute im Resort wollten aber schon einmal schauen, wie reif die Früchte sind, aus denen hier mit Vorliebe Sorbet und Eiscreme hergestellt wird. Man kann aber das Fruchtfleisch, dessen Herausschälen aus dem ‚Rest’ der Frucht mit viel Arbeit und Mühen verbunden ist, kühl lagern und immer mal wieder so essen oder als Geschmackszugabe zum Salat reichen.
Phone hat also zwei der Früchte direkt vom Baum geschnitten. Dabei muss sich eine zweite Person zum Auffangen der mehrere Kilogramm schweren Frucht unter dem Baum fangbereit aufhalten. Das Zerschneiden und Zerlegen erfolgt dann anschließend in der Küche. Die stachelig wirkende Haut der großen Frucht gibt bei der Berührung gummiartig nach und ist nicht tatsächlich als hart zu bezeichnen. Trotzdem braucht man ein großes Messer, um den Stiel der Frucht und den oberen nicht essbaren Teil abzutrennen. Auch der deutlich hellere Mittelteil kann ähnlich wie bei der Ananas hart und holzig sein, somit nicht verwendbar.
. . .
Das Zerteilen erfolgt durch die abgebildete Viertelung. Mühsam ist dann anschließend das spelzenartige herauslösen des Fruchtfleisches, das sich um die großen kernartigen Samen gebildet hat.
Das Fruchtfleisch befindet sich spelzenartig – wie auf kleine Fächer verteilt – in der gesamten Frucht. Häufig, so erzählte mir Phone, wird die Jackfruit von den Einheimischen noch nicht ganz reif geerntet, um sie dann in ein Tuch geschlagen, noch einige Tage in einem Raum nachreifen zu lassen. Die heraus gelösten relativ großen Fruchtspelzen, lassen sich gut verschlossen tagelang im Kühlschrank aufbewahren. Im Resort werden sie mittels eines Rührwerks zu einer breiigen Masse verarbeitet, um sie anschließend mit Wasser (für Sorbet) oder mit Milch (für Speiseeis) zu versetzen. Ich habe am Abend davon kosten dürfen ... einfach köstlich und vom Geschmack schwer zu definieren. Die Kerne können gebraten oder leicht gebacken werden und ähneln für mich geschmacklich der Paranuss. Die Schale und häufig auch der schon erwähnte deutlich hellere ‚Kern’ sind nicht genießbar. Ich weiß nicht, ob die Jackfruit auf unseren europäischen Märkten zu kaufen ist? Ich finde aber ihren Geschmack anregend und pikant – leicht süßlich – und schwer mit anderen Früchten zu vergleichen. Durch Nachlesen fand ich Vergleiche mit der Durian-Frucht, die für uns aber auch eher unbekannt sein wird.
Am Vormittag des Sonntages legte ich mich zur Entspannung, wie am Vortage, an den Pool, es war außer mir kein Mensch weiter dort. Nach einiger Zeit, meine interessante Lektüre (der Roman ‚Die Nacht der Kalligraphen’ von Y. Ghata) neigt sich dem Ende zu, und ich möchte das Buch nicht einfach so verschlingen – brauche auch noch Bettlektüre und eine Freude im Bett – machte ich Malversuche in meinem Tagebuch und auf Reispapier, mit der von meiner lieben Freundin mitgeschickten Japantusche (‚im Block’ zum Auflösen). Es bietet sich nun ein reduziertes, grafisches Sujet an. Erste Übungen zeitigen Erfolge, was die Reduktion der Formensprache anbelangt.
Der Gebirgszug, der Insel Done Daeng gegenüberliegend, mit dem charakteristischen Lingaparavata – zweite Bergkuppe von links – und dem Mekong und Champassak davor. 1. Version 15.03.09
Die zweite Version mit Wasserbüffeln am Mekong 15.03.09
Die dritte Version auf Reispapier, nur der südliche Teil des Gebirgszugs mit dem Lingaparavata im Zentrum am 15.03.09
In der Zeit meiner ‚Malversuche’ ziehen immer wieder Herden von Wasserbüffeln unterhalb des Resorts am Zaun zwischen der Hotelanlage und dem Weit des Strandes vorüber. Die Unterschiedlichkeit der Zäune und die ziehende Herde fordern mich zu einer weiteren grafischen Interpretation heraus.
Wasserbüffel vor dem ‚Naturzaun’ zum Mekongstrand 15.03.09
Die charakteristischen temporären Zäune sollen in den etwas feuchteren, fruchtbareren Übergangszeiten die auf der Insel frei grasenden Wasserbüffel vor dem Abernten der Erdnusspflanzen im Fordergrund bewahren. Temporär sind die Zäune aus dem Grunde, da sie zu Regenzeiten, wenn das Wasser bis fast an den festeren Zaun im Vordergrund reicht, von den Insulanern abgebaut werden, um sie dann, nach der Regenperiode, wenn der Wasserspiegel des Mekong wieder gesunken ist, wieder an gleicher Stelle aufzubauen. Diese zum Ende der Regenzeit bei abfallendem Wasserpegel überall am Mekong errichteten Zäune, die ich bereits um die Jahreswende, im Norden von Laos, auf der Fahrt nach Luang Prabang überall sah, sollen das Vieh von frühzeitiger Ernte der Feldfrüchte abhalten. Für mich sind diese temporären Zäune charakteristisch für Laos und den Umgang mit den Jahreszeiten. Sie stehen für geschickten und ökologischen Umgang mit den durch die Natur gegebenen regen- und trockenzeitlichen Veränderungen im Einklang mit der Natur.
Zäune auf Done Daeng am Rande der Insel, hin zum Mekongstrand 15.03.09
Noch an diesem Sonntag, beschloss ich mit der rechten Hand Axels, mit Alom, dem Bürgermeister Tha der Nachbargemeinde Ban Hua Done Daeng und einem Fahrer des Resorts, noch einmal ins 37 Kilometer entfernte Pakxe zu fahren. Ich wollte mir von Herrn S. Somsacksith im Krankenhaus von Pakxe noch eine weitere entspannende Massage verpassen lassen, Alom und Tha hatten für das Resort und für die Dorfgemeinde Dinge in der ‚Kreisstadt’ zu erledigen.
Der Bürgermeister Tha und ein ‚Steuermann’ des Resorts auf dem Weg von Ban Mouong zurück nach Done Daeng.
Auf dem Wege nach Ban Mouong, unserem Anleger zum linksseitigen Ufer des Mekong und der Straße 13, die in nördlicher Richtung nach Pakxe führt, fragte ich Alom und Tha nach dem Ursprung des Namens der Insel: Done Daeng, was soviel wie ‚Rote Insel’ heißt. Alom fragte Tha, und nun erfuhr ich aus berufenem Chronistenmunde die Geschichte.
„Vor langer Zeit lebte der Sohn des Königs von Batiang unweit nördlich des heutigen Ortes Pakxe linksseitig des Mekong in Südlaos gelegen, ein reiches, sorgloses Leben. Das einzige was ihm fehlte war eine hübsche Frau, um den Reichtum des Landes zu mehren und auch dem König und ihm einen Sohn und Nachfolger zu schenken.
Im nicht fern gelegenen Champasak - rechtsseitig des Mekong - lebte die Tochter einer reichen Familie, mit dem Namen Malong, die wiederum sehr den Königssohn von Champasak, nicht nur begehrte, sondern die sich auch gut kannten und begannen zu lieben. Sie galt weit und breit als hübscheste Frau und war deshalb im ganzen Lande begehrt. Auch der Nachkomme des Königs von Batiang erhielt Kunde von der schönen, reichen Malong. Somit schienen sich die Familien derer von Batiang und Champasak schnell einig. Trotz Malongs Verschmähung des jungen zukünftigen Königs Batiang, war die Hochzeit zwischen den beiden Familien bald eine abgemachte Sache und das Fest wurde organisiert, denn derer von Champasak versprachen sich einiges von der Verbindung ihrer Tochter mit dem benachbarten Königreich.
Die Sache hatte einen Schönheitsfehler, die schöne Malong liebte den Prinzen von Batiang in keiner Weise und hatte ihr Herz schon lange dem Prinzen von Champasak geschenkt. Als beide Liebenden der bevorstehenden Hochzeit gewahr wurden, verschwanden sie den Mekong hinab bei Nacht und Nebel gen Süden... bis nach Siphandone auf die Insel Done Nong Log.
Hier lebten die beiden ein verschwiegenes, herrliches Leben fast ein Jahr lang. Nach einer Weile des wunderbaren Lebens war Malong schwanger und sie kehrte zurück auf die Insel Don Pha Kham unweit des Elternhauses und gegenüber der Königsstadt Champasak mitten auf dem Mekong. Dort gebar sie ihr Kind und das Blut ergoss sich mit der Strömung entlang des Mekong bis zur nächsten viel größeren Insel und färbte das Eiland rot. Seit dieser Zeit heißt die Insel ,Done Daeng’ = ‚Rote Insel’.“
Die Insel der Geburt und der Namensgeberin von Done Daeng, Done Pha Kham am 16.03.09
Diese Geschichte wurde mir auf Done Daeng vom Bürgermeister von Ban Hua Done Daeng erzählt und von Alom, der rechten Hand von Axel Wolkenhauer – Managing Director vom ‚La Folie Lodge’, übersetzt. Ich danke allen Beteiligten herzlich, scheint es doch, dass die Geschichte zum ersten Male niedergeschrieben wurde.
Axel hat für die Bezeichnung der Insel eine viel einfachere, aber auch unlyrische Erklärung:
Als die Brunnen für die Wasserversorgung für das Resort gebohrt wurden, hat man Bohrkerne von rötlichem Sediment zu Tage gefördert. Die Erklärung, in eineinhalb bis zwei Metern Tiefe beginnt das überall vorherrschende Gestein, das durch die Jahrhunderte und Jahrtausende des Aufschlemmens des Mekongsands verdeckte Sedimentgestein nun sichtbar macht, und diese Schicht ist verdeckt durch eine massive Sedimentschicht und durch eine weitere dünnere Lösschicht, rotbraun.
Das Krankenhaus von Pakxe am 16.03.09
In Pakxe angekommen unterzog ich mich wieder einer der wunderbaren Massagen vom Physiotherapeuten S. Somsacksith und schickte mit Aloms Hilfe mittels Bus über Ubon Ratchanthani ein Paket mit papierenem ‚Ballast’ und überflüssiger Kleidung – beinahe 8 Kilogramm - schon einmal vor nach Chiang Rai, um meinen Rücken auf der letzten Etappe zwischen Pakxe, Savannaket und Chiang Rai, zu entlasten. Mein Rucksack soll nicht mehr das Gewicht wie in den Wochen zuvor haben... aber ich konnte nicht widerstehen und habe natürlich einiges an Kunst, Katalogen und Info-Material hinzu erstanden!
Am Nachmittag ging es wider zurück nach Done Daeng, um mich für den nächsten Tag zu einer Fahrt über die Insel zum Wat Tomo besser nach Oup Moung zu rüsten.
Am Dienstag führte mich der Weg mit dem Fahrrad quer über die Insel bis zum Ort Ban Dan Thip.
Bäume von Termiten und anderen Insekten zerfressen, die wie Skulpturen wirken.
Unterwegs begegneten mir nicht nur Ansammlungen großer Bäume mit fast weißem Stamm, sondern wiederholt auch ein – wie sich später herausstellte – auch Rad fahrendes Paar aus Toulouse. In Ban Dan Thip nahmen wir uns dann gemeinsam ein Boot. Am anderen Ufer angelangt, verließen wir dann Ban Khon Noi das Flussufer ungefähr vier Kilometer abwärts fahrend in Richtung Wat To Mo oder wie man hier auch sagt: Oup Moung.
Zeichnung einer nordwestlich gelegenen Mauer der Ruinenstätte Oup Moung oder auch Wat To Mo