vorige Seite
Übersicht
nächste Seite
vorige Seite
Übersicht
nächste Seite

Fernöstliches Tagebuch

von Helmut Rieländer

Seite 29, Teil 1 von 2
15
. bis 21. Februar 2009

Am Samstag ging’s dann also um sechs Uhr in der Frühe – und nicht wie geplant um halb sechs – mit Thanh und seinem etwas altertümlichen Motorroller in Richtung My Son, dem großen Tempel-Ausgrabungsfeld südwestlich von Hôi An. Mein temperamentvoller, aber guter Fahrer ist ein ‚Dauerhuper’. Er stellte den Taxifahrer - zu Beginn meines Aufenthaltes hier in Vietnam auf der Fahrt vom Flughafen zum Hotel - weit in den Schatten. Die Tour geht von Hoi An über die beiden größeren Orte Nam Phuoc (Duy Xuyen) und Tra Khieu weitgehend durch ländliches Gebiet.

Der Weg führt uns durch kleine Dörfer und vorbei an Reisgehöften auf schmalsten Straßen. Die Straßen zwischen Reisfeldern sind teilweise so schmal, dass sich gerade einmal zwei Motorräder oder Mopeds begegnen können. Verkehrsschilder – wie bei uns in Hülle und Fülle – gibt es hier nicht. Ab und zu auf breiteren Straßen wird einmal eine Kurve angekündigt. Kreuzungen, Haupt- und Nebenstraßen, Geschwindigkeitsbegrenzungen: Fehlanzeige! Mein ‚Mopedritter’ hupt an jeder Kurve, bei jeder Straßengabelung oder an Kreuzungen prophylaktisch. So hupen wir uns durch die ländlichen Gebiete. Die Häuser sind ähnlich aufgebaut, wie die im tieferen Süden, mit dem Unterschied, dass einige prächtig wie kleine chinesische Pagoden gestaltet sind, mit den typisch geschwungenen Dächern, glasierten Dachziegeln – in Rot und Grün - und auf dem Dachfirst mit Drachen verziert.

IMG3303485

Häuser und davor Reisfelder auf der ‚Landpartie’ nach My Son am 14.2.09

Sie wirken etwas breiter in der Ansicht und sind mit den Portalen des einen oder anderen China-Restaurants in der Heimat zu vergleichen. Am Rande von Dörfern und Ansammlung mehrerer Reisbauerngehöfte fahren wir an Friedhöfen vorüber. Die Grabgestaltung ist stark an die Architektur angelehnt, kleine Tempelchen und Pagoden sind die letzten Ruhestätten.

IMG3296485

Friedhof am Rande eines Dorfes auf der Fahrt von Hoi An nach My Son 14.2.09

Auf unserer Fahrt kommen wir immer wieder an großen Soldatenfriedhöfen des Vietnamkriegs vorüber. Hier in der Nähe des 17. Breitengrades haben vor 35... 40 Jahren heftige Kämpfe zwischen den Nordvietnamesischen, Südvietnamesischen und ihren Verbündeten, den US-Amerikanischen Truppen, stattgefunden. Die meisten der Friedhöfe liegen erhöht von einer Mauer umgeben, mit einem großen Portal versehen und mit einem Monument oder Turm in seinem Zentrum.

Die Landschaft wirkt durch seine in Gelbgrün schimmernden Reisfelder sehr frisch, ja fast lieblich. Überall breiten sich die durch Kanäle und Terrassen abgegrenzten Reisfelder aus. Sie werden durch bunte Kunststofftüten und Regenjacken vor dem Einfall von Vögeln geschützt.

IMG3299350

Reisfelder mit Vogelscheuche auf dem Weg von Hoi An nach My Son am 14.02.09

Es ist zwanzig Minuten vor sieben und die Schülerschaft einer Art ‚Mittelpunktschule’ einer kleinen Stadt des ‚Landkreises’ befindet sich mittels Fahrrad – teilweise zu zweit – auf dem Weg zur ersten Stunde an diesem Samstag. Die Schule beginnt augenscheinlich um 7:00 Uhr, wahrscheinlich den in diesen Breitengraden zu erwartenden Temperaturen geschuldet. Es wird durchaus nebeneinander gefahren, teilweise zu fünft – bis zum hier im Ort vorhandenen Mittelstreifen. Mein Mopedlenker hupt, was das Zeug hält. So hupen wir uns durch die mehrere Hundert zählende Schülerschaft dieser Schule... alle mit dem Fahrrad auf dem Weg befindlich.

Die Strecke nach My Son ist nun doch länger als gedacht und durch den doch späteren Start ist das Erlebnis des Sonnenaufganges zwischen den Tempelruinen nun doch nicht mehr von mir zu erleben. Ein Trost: ich bin der Erste auf den großen Tempelgrabungsfeldern und bleibe es auch in der ersten halben Stunde. Die Sonne steht gerade über den Bergen dieser in einer Talsenke befindlichen Ruinen-Tempelstadt von My Son, die seit 1998 auch auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht.

My Son war der größte Tempelkomplex Champas. Unter der Herrschaft des Königs Bhadravarman wurde das Shiva geweihte Heiligtum, dessen politisches Zentrum sich im vierten Jahrhundert auf dem Gebiet des heutigen Tra Kieu befand, gegründet. Fast alle Gebäude der Tempelgruppen bestehen aus Kalan (dem Turm und Heiligtum), der Mandapa (Kulthalle), ‚Bibliothek’ (wahrscheinlich ein Aufbewahrungsort von Reliquien) und Nebengebäuden. Sie sind wie alle heiligen Bauten der Cham nach Osten ausgerichtet.

IMG3252350

Auf dem Grabungsgelände in My Son, den Tempeln der Cham am 14.02.09

In den Kalanen (Tempeltürmen, die den hinduistischen Weltenberg Mehru und gleichzeitig Wohnsitz der Götter symbolisieren) befand sich das Heiligtum mit dem Symbol Shivas, dem Lingam, oder mit Darstellungen des Gottkönigs Bhadresvara. Waschungen, bei denen heiliges Wasser über Lingam und Yoni gegossen wurde, standen im Mittelpunkt der Kulthandlungen. Lingam ist das Symbol für die indische Gottheit Shiva: Quelle der Lust, Kraft und Lebensfreude (phallisches Symbol) – Yoni ist der ‚Urgrund’, Quelle alles Werdens. Das weibliche Geschlechtsorgan – der Shakti – symbolisiert die Schöpfungskraft (vaginales Symbol). (aus dem Internet unter ‚Lingam und Yoni’... da gibt es mehr Informationen!)

Bei den Cham ist diese Symbolik in Form einer sich ergänzenden vaginalen und phallischen Darstellung in Form einer frei stehenden Plastik von über einem Meter Höhe in Stein in verschiedenster Gestalt zu finden.

IMG3790485

Erste Skizze am Morgen des 14.02. auf dem Ruinenfeld in My Son.

„Von rund 70 Bauwerken aus fast allen Epochen Champas, die französische Archäologen Anfang des 20. Jhdts. entdeckten (und in Gruppen A-H einteilten), sind heute nur mehr die Überreste von knapp 20 erhalten....

IMG3791485

Zweite Skizze auf dem Ruinenfeld in My Son am 14.02.

Das abgelegene Dschungelgebiet wurde 1968 von der US-Luftwaffe zur ‚free fire zone’ erklärt und zu einem der meistbombardierten Ziele Zentralvietnams. Einschüsse und Bombentrichter sind z.T. noch sichtbar.“ (aus: Bühler, W.-E.... a.a.O. Seite 444)

IMG3792485

Dritte Skizze auf dem Ruinenfeld in My Son am 14.02.

Die Zeugnisse der in My Son zu sehenden Relikte der Architektur der Cham zeugen von einer hohen Entwicklung der Kultur und reichen zurück bis in die Jahre 653 – 686 – es ist gleichzeitig die Zeit der Herrschaft des Königs Prakasadharmas. Unter ihm wurde My Son nicht nur erweitert, sondern es entstanden auch die ersten Bauten, die nicht in Holz und Lehm erstellt wurden und sich aus Gründen der Vergänglichkeit unserem Wissen und unserer Betrachtung entziehen. Doch diese Zeugnisse sind erhalten.

IMG3793350

Vierte aber nicht letzte Skizze am 14.02.

Es entstanden massige Ziegelbauten, die doch zugleich durch ihre verzierten Giebel und Reliefs aus Sandstein leicht wirken und Rückschlüsse auf indische Stilmittel ziehen lassen. Im Laufe der Zeit bildet sich stärker ein eigenständiger Stil heraus.

Im elften Jahrhundert entwickelten Harivarman IV. und seine Nachfolger nochmals eine rege Bautätigkeit, die mit dem Niedergang der Dynastie durch die Übergriffe der Khmer und Vietnamesen beendet wurde.

Nach Fertigstellung von sechs Zeichnungen und Skizzen lief ich wieder zurück zum Eingang, um Thanh, meinen ‚Mopedritter’, zu treffen und mit ihm die 55 Kilometer mit viel Getöse – ich habe mich schon fast daran gewöhnt - wieder zurück nach Hoi An zu fahren.

Nach kurzer Ruhephase mache ich mich auf den Weg, einmal in Vietnam Kaffeetrinken zu gehen, oder wie man in Bremen zu sagen pflegt, zu kaffeesieren.

Schon am Morgen meiner Ankunft hatte ich auf der Insel Can Nam Hans vd Broek, den Besitzer des Lighthouse Restaurant, vor seinem hohen Haus kennengelernt. Er wirbt mit dem Spruch:

"There is an island close to Hoi An which is so beautiful and unspoiled!
Maybe you will find it!“

Das Haus liegt unweit des Wassers wie ein Turm mit Blick auf den Kai von Hoi An und die Kaistraß die Bach Dang (www.lighthousecafehoian.com).

IMG3781485

Blick vom Lighthouse-Café hinüber nach Hoi An zum Kai und Die Bach Dang am 14.02.09

Es ist mein erstes kleines Mahl, nachdem ich am gestrigen Freitag (dem 13. ?!) fast den ganzen Tag auf der Toilette zugebracht hatte. Irgendetwas war am Freitag an einem der Essen nicht in Ordnung?!

Als ich oben im ersten Stock des Lighthouses saß, genoss ich nicht nur den wunderbaren Blick auf Hoi An, sondern auch einen schönen vietnamesischen Kaffee und zwei recht wohlschmeckende Stücke Apfeltorte, gut mit Zimt abgeschmeckt.

Die Frau des Fährmannes, mit dem ich vor zwei Tagen die ‚Hafenrundfahrt’ gemacht hatte, brachte mich hinüber zum Kai und zu den Museen. Ich wollte Jean und seiner Frau Hoa noch einmal einen Besuch abstatten, bevor ich mich morgen Vormittag auf den Weg nach Da Nang und anschließend nach Hue machen werde. Jean hatte am Tag zuvor die gleichen Beschwerden wie ich – und Hoa verordnete mir sogleich, als nach dem Genuss des Kuchens sich die gleichen Symptome wie vor zwei Tagen einstellten, einige Pillen aus ihrem ‚Zauberkasten’. Es hielt dann auch bis Hue... aber dazu später. Hinter dem Ausstellungsraum, in dem Jeans Bilder gezeigt werden, befinden sich weitere Ausstellungsräume, nun aber mit Arbeiten vietnamesischer Künstler.

Hier treffe ich Truong Bach Tuong (tbtuong@mail2world.com) den Maler, zumindest für unsere Augen, mit besonderer Technik.

IMG3339485

Der Maler Truong Bach Toung in der T&G Art Gallery in Hoi An am 14.02.09

Er arbeitet mit kontrastreichen Farben (Rot,Gold und Schwarz) und benutzt unterschiedliche ‚Zahnspachtel’, um seine Untergründe, auf Holz aber auch auf Leinwand, vorzustrukturieren. Wir unterhalten uns längere Zeit über seine Technik und den unterschiedlichen Einsatz bei unterschiedlichen Genres. Wir sprechen auch auch über die Schwierigkeiten, wenn es gilt, einen Galeristen zu finden oder wenn es allgemein um Auftragskunst geht. Hier erzählt er mir seine Erfahrungen mit amerikanischen Auftraggebern, deren Angebote er dann ausgeschlagen hat, vor dem Hintergrund der Wünsche und ‚Vorschläge’, unter denen ein Kuhhandel vonstatten gehen sollte. Auch in Vietnam ist das Künstlerdasein kein Zuckerschlecken. Ich berichtete ihm auch von meinen Beobachtungen im ‚Museum for fine Arts’ in HCMC/Saigon und wollte seine Einschätzung dazu hören. Ich weiß nicht, ob es an Sprachschwierigkeiten lag, oder er sich nicht festlegen wollte... ganz zu Ende kamen wir an diesem Punkte nicht.

Es war ein sehr freundliches und offenes Gespräch und ich habe insgesamt das Gefühl, dass von allen bisher kennengelernten asiatischen Ländern und ihren künstlerischen Vertretern, mir die Künstler und ihre Werke in diesem Lande vom Habitus her sehr nahe kommen.

Nach netter Verabschiedung der drei wirklich netten Leute laufe ich über den Markt zurück zum Hotel, nicht ohne zu versäumen, noch Baguette, Bananen und eine Flasche Wasser für meine weitere Verpflegung an diesem Abend zu sorgen (Vorsicht ist geboten).

Am darauf folgenden Morgen geht es zur Busstation. Jean und Hoa hatten mir zuvor eingeimpft, dass für mich als Tourist die dreißig Kilometer weite Busfahrt nach Da Nang maximal 15 bis 20000 Dong kosten darf – Einheimische zahlen 10 000 Dong (= 50 €-Cent). Der Schaffner, dem man seine Tätigkeit in keiner Weise ansah, verlangte von mir 60 000 Dong! Ich lachte ihn aus und alle anderen Umstehenden lachten auch herzhaft. Ich sagte: „Twentythousend and not one Dong more!“

Es folgte ein mehrere Kilometer lang währendes ‚Spielchen’, bei dem ich am Ende 20 000 Dong zahlte! Man kann es ja mal bei den dusseligen Touristen versuchen!

Der Bus hatte keine Hupe, sondern stattdessen eine mehrstimmige Fanfare! Mit der trötete er sich durch die Dörfer und schien, was die Geschwindigkeit außerhalb der Ortschaften anging, den Taxifahrer von Saigon noch um Längen und Kilometer zu schlagen. Auch Hühner wurden an einer Haltestelle, eingepfercht in engste Käfige, die bestimmt nicht der deutschen Käfighaltung für Federvieh entsprachen, im Kofferraum unter dem Fahrgastraum verstaut.

Wir erreichten nach knapp eineinhalb Stunden die tosende Stadt Da Nang, in der ich mich dann von einem sicher, aber auch zügig fahrenden Motorradfahrer zum Cham-Museum an der Bach Dang in Sichtweite des Han-Flusses bringen ließ.

Der Bau des Cham-Museums in Da Nang wurde 1915 unter der Schirmherrschaft der École Française d’Extrême Orient begonnen und 1935 erweitert. Seit einigen Jahren wird der Bau modernisiert und ergänzt.

IMG3784485

Das Cham – Museum in Da Nang: Sammlung von heute weit über 300 zum Teil riesigen Exponaten aus 8 Jahrhunderten der Geschichte der Cham. 15.02.09

Ich war von der Sammlung der hier zusammengetragenen Exponate so beeindruckt, dass ich mich fast drei Stunden in diesem sehr interessanten Museum aufhielt. Wurde doch nun erst offenbar, welche kunsthistorische Bedeutung man diesen Zeugnissen und dieser entwickelten Kultur entgegenbringen muss! Um im Detail auf die Werke der unterschiedlichen Epochen dieses reichhaltigen ‚Schatzes’ dieser untergegangenen Kultur einzugehen, würde den Rahmen dieses Tagebuches sprengen und den unterschiedlichen Arbeiten und der Fülle ihrer Ausdrucksformen nicht gerecht werden. Ich werde aus der Sammlung dieser Exponate nur zwei herausgreifen, die nicht nur die Bandbreite der Arbeiten dokumentiert, sondern auch zwei sehr unterschiedliche Arten von Steinplastiken zeigt.

IMG3348485

Es ist die Darstellung der Prinzessin Sita aus dem 10. Jahrhundert aus Quang Nam. Die Höhe des Reliefs beträgt 55 cm, in der Breite Maß ich 58 cm. Am 15.02.09

Ich kann nur meinen beiden Freunden aus Bremen, Willi und Ulrike, die schon häufig in Asien gereist sind, viele Kunstwerke und Tempel – auch Tempelruinen – in Augenschein genommen und begeistert haben, aber noch nie in Vietnam waren, einen Besuch ganz besonders ans Herz legen.

Das zweite Beispiel ist eine über 1 t schwere Darstellung des Wassermonsters Makara. Ursprünglich nach indischer Lehre war es ein Fischwesen, später wurde es als indisches Krokodil gedeutet und dargestellt, aber später wurde es eher als Delphin umgesetzt. Hier haben wir es mit einem Fabelwesen mit Lotusschwanz dargestellt, zu tun.

IMG3409350

Makara – das Wassermonster in der Ausstellung im Cham – Museum in Da Nang stammt aus Thap Mam – Binh Dinh und ist 118 cm hoch und 46 cm breit. 15.02.09

Nach diesem beeindruckenden Besuch des Cham Museums, das mich noch mehr für die Cham und ihre Kunst eingenommen hat, ließ ich mich mit meinem ganzen Gepäck zum Bahnhof zu meinem Zug nach Hue bringen. Die Schmalspurbahn brachte mich in gemächlicher Geschwindigkeit - wiederum an diversen Soldatenfriedhöfen vorüber, hinauf zum Wolkenpass. Der 22 Kilometer lange und 496 Meter hohe Pass ist bis heute die Wetterscheide zwischen dem tropischen Süden und dem subtropischen Norden Vietnams. An keiner Stelle des Landes reichen die Ausläufer des Truong-Son-Massivs, der ‚Vietnamesischen Kordilleren’, so nahe an das Meer und erreichen eine Höhe von bis zu eintausendvierhundert Metern.

Der Zug quält sich eine geraume Zeit durch den 2005 eingeweihten 6700 Meter langen Tunnel. Mit dieser Länge zählt er damit zu den dreißig längsten Tunneln der Welt.

Die Berge waren in der Geschichte Vietnams immer wieder umkämpft. So sah ich Betonbunker der US-Amerikaner und Geschützstellungen des Viet Minh und des Viet Cong bei der Vorüberfahrt der Bahn. Es soll aber auch noch Befestigungsanlagen der Nguyen-Kaiser, Forts und Wehrtürme der Franzosen und Unterstände der Japaner geben. Alle ehemaligen Besatzer haben ihre militärischen Spuren hinterlassen. Auf den Wolkenpass folgt die lange, sehr schöne und entspannende hellblaue Gau Hai Lagoon. Sie wirkt wie ein riesiger See, wüsste ich nicht, dass sie Verbindung zum offenen Südchinesischen Meer hat. Die Menschen an ihren Ufern scheinen hauptsächlich von der Fischzucht und vom Fischfang zu leben. Überall sieht man Bojen, Netze und Fischerboote. Teile der Lagune sind zwecks Fischzucht abgeteilt. Weiter geht’s vorüber am Flughafen Phu Bai nach Hue... . Auch hier wie zuvor, Soldatenfriedhöfe der im Vietnamkrieg über einer Million erschossenen vietnamesischen Soldaten.

Nach ca. zweieinhalb Stunden erreicht der Zug die ehemalige kaiserliche Residenzstadt Hue. Sie ist überhaupt nicht so alt, wie sie von vielen Besuchern gehalten wird. Sie ist zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Angesicht des chinesischen Vorbildes in Peking als das verkleinerte, südostasiatische Faksimile des Kaiserpalastes entstanden.

Diese Heimstadt des Vietnamesischen Hofes wurde immer wieder von besetzenden Truppen heimgesucht und versucht, unter die jeweilige Knute zu bekommen. Das letzte Mal und das wohl – was die Zerstörung anbelangt – am nachhaltigsten und grausamsten, im Frühjahr 1968 „...als nacheinander Amerikaner und Saigoner ‚Marionetten’ die vom ‚Vietcong’ eroberte Stadt mitsamt ihren Baudenkmälern der Feudalzeit ohne viel Federlesens in Schutt und Asche legten. Davon hat sich Hue im Grunde bis heute noch nicht erholt. Die Provinzhauptstadt von 250.000 Einwohnern und Sitz einer der bedeutendsten Universitäten des Landes erwacht langsam aus dem Schlaf... . Kaum ein Gebäude der ‚Metropole’, von den Touristenhotels abgesehen, misst mehr als zwei oder drei Stockwerke. Die Zahl der Besucher steigt von Jahr zu Jahr.. .“ (aus: Bühler,W.-E. ... a.a.O. Seite 383)

Ich bin durch den Tipp des Taxifahrers günstig im gut geführten, sauberen und mit Netzanschluss im Zimmer versehenen Truong Giang Hotel in der 25 Doi Cung Street (unter 20 €) untergekommen.

Tel: 84.54.3826827 – 3829323, E-mail: tghotel@dng.vnn.vn
www.truonggianghotel.com.vn

Am Abend nach einem Gang und einem netten, etwas schlappen Essen in der Nachbarschaft, war ich früher als sonst im Bett. In der Nacht holen mich die gleichen Beschwerden, die mich auch in Hoi An geplagt hatten, nun auch hier in Hue wieder ein. So bewege ich mich erst nach 10:00 Uhr aus dem Hotel, um eine Apotheke (Pharmacie) in der Nachbarschaft aufzusuchen. Unweit des Hotels werde ich von Mai ( mai_lan_cuc@hotmail.com), einem Vietnamesen auf seinem Moped angesprochen. Er erkennt mich augenscheinlich als Deutschen, er selbst hat Verwandte in München und Köln, die schon vor Jahren nach Deutschland gegangen sind. Er bietet mir an, mich zu einer Apotheke zu fahren. Einige Pharmacien sind geschlossen. Erst bei der vierten Apotheke sind die ‚Läden’ hoch gezogen und ich kann mit Mais Hilfe – er spricht recht gut Englisch – Pillen gegen meine Beschwerden bei der Apothekerin und Ärztin erwerben. Er bietet mir an, mich in ein Lokal zu bringen, um mich mit Baguette und etwas Tee zu stärken und um meine Medizin einzunehmen. Einen Augenblick bleiben wir im Café Nhat Tao und mir wird besser bei dem Genuss von trockenem Baguette, vietnamesischem Ingwer-Tee und einer ersten Skizze einer kleinen Insel mit Haus auf dem hinter dem Café verlaufenden Hue-River.

IMG3786485

Bild 14 / jpg 3786 / Blick vom Café Nhat Tao auf die kleine Insel auf dem Hue River am 16.02.09

zum 2. Teil der Tagebuchseite 29 >>

ÜbersichtÜbersicht