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Fernöstliches Tagebuch

von Helmut Rieländer

Seite 26, Teil 2 von 2
25. bis 31. Januar 2009

Für den folgenden Tag, direkt vor meinem Abflug, hatten wir uns noch den Besuch des schwimmenden Dorfes ausgesucht. Das Boot fuhr - nach dem Kauf des Tickets am Anleger - den Zufluss bis zum Tonle Sap hinunter. Unterwegs konnte man in Büschen und Bäumen hauptsächlich rechts am Ufer des Zuflusses durch Ablagerungen von Müll sehen, wie hoch normalerweise das Wasser in der Regenzeit reicht. Somit sind die Behausungen der Bewohner des schwimmenden Dorfes Chong Kneas entweder Schiffe oder aber Pontons, die jedwede Veränderung des Wasserstandes durch ‚Aufschwimmen’ nachvollziehen.

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Schnelle Skizze vom schwimmenden Dorf Chong Kneas vom See des Tonle Sap gesehen / 27.01.09

Neben ‚Wohnhäusern’ und ‚Versammlungsorten’ sind schwimmende Tankstellen, Krämerläden, Läden mit Schiffsmotoren, Reparaturwerkstätten, Restaurants und Cafés sowie eine Katholische Kirche auf dem Wasser schwimmend auszumachen. Das Dorf wird von wenigen Khmer, in der Mehrzahl aber von Vietnamesen – und der moslemischen Minderheit der Cham – bewohnt. Insgesamt sollen es ca. 8000 Bewohner sein, die hier auf Hausbooten auf dem Wasser leben. Weiter draußen auf dem riesigen See befinden sich Krokodilfarmen, die für die internationale Krokolederindustrie ‚Häute züchten’! Die Menschen hier leben überwiegend von der Fisch- und Krokodilzucht. Ich habe hier einige Bilder zusammengestellt, sie sollen die Stimmung im Dorf und auf dem Wasser wiedergeben.

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Das schwimmende Dorf Chong Kneas bei Siem Reap auf dem Tonle Sap am 27.01.09

Im Anschluss unseres Ausfluges zu dem schwimmenden Dorf und dem Besuch einer schwimmenden Krokodilfarm (siehe sechstes Bild), ging es wieder in das Guesthouse, um mein Gepäck für den Flug um 13:40 Uhr nach Ho Chi Minh City in Vietnam zu holen. Ein letzter schöner Blick auf das Guesthouse mit dem Charme des Einfachen, aber auch des außerordentlich Preisgünstigen.

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Das Garden Village Guesthouse

#434, Steng Thmey village, Svaydangkum communce,
Siem Reap province, Kingdom of Cambodia
gardenvillage@asia.com

Günter begleitete mich im Motordup zum Flughafen, zum Schluss noch einmal ‚großer Bahnhof’ in der Abflughalle. Ich will einchecken, da fragt mich die nette Dame von Vietnam Airlines, der ich neben dem Buchungsausdruck der Reiseagentur in Chiang Rai auch meinen Pass hinlege, wo denn meine ‚Invitation’ sei - ‚where is the letter?’der Sozialistischen Republik Vietnam (SRV). Ich lächle etwas blöd und sage, ich würde das wie in allen anderen südostasiatischen Staaten mit einem Visum bei Ankunft tätigen. Nun werde ich zur Seite gewunken und Mr. Leng erklärt mir, dass ich eine Einladung der sozialistischen Republik bräuchte, sonst könnte ich nicht einreisen! Wir können das aber schnell klären, sagt er, ich rufe mal eben drüben an und dann können Sie noch heute Abend mit der letzten Maschine und einem Entgelt von 125 $ nach Ho Chi Minh City und Vietnam einreisen. Er ruft an und ich höre schon... alles in Saigon ist in Festtagsstimmung im Zuge des Tet-Festes, heute nicht mehr. ‚Kommen Sie morgen zur gleichen Zeit wieder hierher, Sie müssen mir aber ihren Reisepass hier lassen, damit wir Ihre Invitation hineinkleben und abstempeln können. Mein Reisepass wird immer dicker. Das kostet Sie dann morgen ’nur’ 100 $. Also wieder zurück ins Guesthouse, noch eine weitere Nacht in Siem Reap. Glücklicherweise bekomme ich noch eines der letzten freien Zimmer und gehe am Abend mit Günter noch auf ein allerletztes Abschiedsessen in die ‚Barstreet’ in das indische Restaurant ‚Kamasutra’. Bei einem Gang am vorletzten Abend war uns dieses Restaurant aufgefallen.

Günter bestellt sich ‚Vegetable Korma – mixed vegetable cooked with yogurt and ‚spices’. Ich nehme von der besonderen Menu-Karte: ‚Chicken Putheena Kebab with cashew, ginger, yogurt marinade (mild)’ mit Kreuzkümmel angemacht. Auch der Wein – italienischer Merlot – war recht gut. Dazu wurden Reis und Kebabfladen gereicht. Recht lecker und gemütlich zum Sitzen. (zum ersten Male etwas gehobene Gastronomie... und nicht überteuert!)

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Das indische Restaurant ‚Kamasutra’ in der E 161 Bar Street, in Siem Reap / 063 761 246 / 017 82 44 74 / tcsajeesh@yahoo.com

Während des Essens wurden wir von der ‚Mines Victims’ . Gruppe, die von der gegenüberliegenden Straßenseite intonierte begleitet. Auf ihrem Schild stand:

MINES VICTIMS
PLEASE HELP US, THANK YOU

Die versehrten Minenopfer der Hinterlassenschaft eines sog. kommunistischen Albtraumes, eines der blutigsten Bürgerkriege des letzten Jahrhunderts, begleitete uns und die übrigen Touristen instrumental mit etwas eintöniger Musik auf der Sithar, mittels unterschiedlichen Trommeln und einem ‚Rufer’.

Am darauf folgenden Morgen, nach einem ausgedehnteren Frühstück als sonst, versuchte ich per Telefon und Mail zu einem der Guesthouses und billigen Hotels in Ho Chi Minh City Kontakt zu bekommen. Nach dem zwanzigsten Versuch gab ich auf. Es ist Neujahr in Vietnam!! Das Tet- oder auch Neujahrsfest ist mit unserem Weihnachtsfest gleich zu setzen. Es ist zugleich der erste Tag im neuen Mondjahr und der Beginn des Frühlings. Familienbesuche werden verabredet und in die Wege geleitet, neue Kleider müssen her, Schulden werden zurückgezahlt und das Haus wird entrümpelt – denn ein gründlicher Hausputz soll den Herdgeist Ong Tao günstig stimmen, wenn er am 23. Tag des letzten Monats auf einem Karpfen zum Himmel steigt, um dem Jadekaiser Bericht zu erstatten. Die gesamte vietnamesische Öffentlichkeit, das Leben in den Familien und zwischen den Menschen ist auf dieses Fest ausgerichtet. Von Saigon wird gesagt, dass die Stadt in den Wochen vor und vor allen Dingen nach dem Neujahrsfest wie ausgestorben ist und die Menschen alle in ihre angestammte Heimat gefahren sind! Und diese Zeit habe ich mir nun ausgesucht, um nach Vietnam zu fahren??! Ehrlich gesagt, ich wusste beim Buchen Wochen vor Weihnachten nichts von diesem Zeitpunkt des Festes, da es entsprechend des Mondkalenders in jedem Jahr an einem anderen Tag in einer anderen Woche gefeiert wird. (einen Teil der Informationen beziehe ich bezogen auf Vietnam aus: Kothmann, Hella / Bühler, Wolf-Eckhart / Vietnam – handbuch für individuelles entdecken – aus der Reihe Reise Know-How / Bielefeld 2008 / Seite 203f).

Bevor mich Thum mit seinem Motordup am Guesthouse abholte, lerne ich beim Surfen und Mailen im Internet Oskar aus Deutschland kennen. Er ist Mitglied einer kleinen buddhistischen Gemeinde und Meditationsgruppe. Ich spreche ihn auf den Künstler und Guesthousebetreiber Thepparit Euphuthasilp aus Chiang Khan am Mekong an, und in wieweit seine Gemeinde oder eine größere Gruppe Interesse an einem buddhistischen Bildhauer in Residence hätte. Er erklärt mir, dass er möglicherweise einen Kontakt zur großen Frankfurter Buddhistengemeinde aufbauen könnte. So verbleiben wir, denn ich muss nun wirklich meinen Flug nach Vietnam bekommen. Nach netter Verabschiedung von Thum... Günter ist schon wieder ‚in den Steinen’ bekomme ich tatsächlich meine ‚Einladung’ im Pass überreicht und der Flug geht pünktlich mit den Vietnam Airlines nach Ho Chi Minh City/Saigon. Noch einmal überfliegt die Düsenpassagiermaschine die Vororte der Stadt Siem Reap mit seiner Zufahrt zum Tonle Sap, dem Anleger zum schwimmenden Dorf auf dem See, die durch den See und sein ausgeklügeltes Jahrhunderte altes Bewässerungssystem der Reisfelder durch den Tonle Sap, die nun in der Sonne glitzern wie Eiskristalle an einem kalten Wintertag an einem aufgeschlagenen Wasserloch. Langsam entschwinden der riesige See und die Felder im Dunst und aus meinem Blickfeld. Ablenkung der Fluggäste durch gereichte Speisen und Getränke ... und schon nach einer halben Stunde rücken wieder Flussarme, breite Ströme mit großen Inseln in ihrer Mitte und bewässerte glitzernde Reisfelder wie Pailletten an einem Kleid ins Blickfeld. Vororte und Dörfer fallen auf durch unterschiedlich gestufte helle in der Sonne schimmernde Pultdächer. Unten scheint größere Hitze zu herrschen. Die Farben der Seen und das Grün der Pflanzen flimmert durch die aufsteigende Feuchtigkeit. Beim Anflug auf den Flughafen Saigons werden nun größere Häuser mit Sattel- und Pagoddach sowie erste Hochhäuser sichtbar. Die Landung ist sachte, einzig die Beschaffenheit der Landepiste rüttelt die Maschine zum Abschluss noch einmal richtig durch. Am Boden sind nach Aussage des Copiloten 31° C, für Saigon für diese ‚kühle Jahreszeit’ eine normale Temperatur. Nach dem zügigen Auschecken, dem Eintauschen eines weiteren Traveler-Checks und dem ‚Füttern’ des Mobiltelefons nun schnell zur Klimaanlage eines Taxis. Zuvor hat die mich Dame der Bank noch auf meinen Wunsch hin im ‚Ngoc Minh Lao Hotel’ nahe der Pham Ngu Lao angemeldet.

Das Taxi braust nach einigem Mucken und des Anschiebens durch Kollegen davon. Die Stadt ist mit roten Fahnen geschmückt, es ist Feiertag. Hammer und Sichel in Gelb sowie der gelbe fünfzackige Stern auf rotem Grund wechseln sich bei der Schmückung der Straßen ab. Anlass des Fahnenmeeres am Straßenrand und an und auf den meisten Gebäuden ist das Tet-fest. Tet bedeutet Neujahr und somit sind die meisten Saigoner ausgeflogen. Die Geschäfte nahe des Flughafens und fast auf unserer gesamten Fahrt haben die Jalousien herabgelassen – sie sind geschlossen! Das Taxi rast auf der breiten Straße vom Flughafen zur Innenstadt auf der linken und manchmal auch auf der rechten Straßenseite an anderen Wagen, Bussen und viele Mopeds vorüber – immer laut hupend! Gebremst wird nicht! Es wird laut gehupt und dann doch ausgewichen, um am ‚Hindernis’ vorbei zu kommen. In die Innenstadt hinein wird nicht nur das rote Fahnenmeer, sondern auch der Verkehr immer dichter. Das Taxi fährt nun noch schneller... es scheint eine Art Sport zu sein. Alle rasen um die Wette, als gelte es etwas zu verpassen, dazu wird immer ‚lauthals’ gehupt. Auf der Strecke hat mein rasender Chauffeur mindestens achtzig oder gar hundertmal das Gerät bedient. Mir scheint, dass Autos nur mit einem großen Gaspedal und einer noch größeren Hupe hier ausgestattet sein müssten. Wir erreichen also zügig die Pham Ngu Lao. In einer Gasse parallel zur Hauptstraße – nachdem auch das ganze Viertel, das zu Zeiten des Vietnamkrieges den Gis als Vergnügungsviertel diente und heute über viele Billighotels verfügt – liegt das Ngoc Minh Hotel. Es wirkt recht familiär und verfügt über eine Dachterrasse, auf der man am Morgen das im Preis einbegriffene Frühstück einnehmen kann.

Am Abend gehe ich dann ins ‚Eden’ ,einer Bar in der De Tham, um ein kleines Abendessen zu mir zu nehmen. Um mich herum vernehme ich die kehligen, froschartigen Laute von jungen US-Amerikanerinnen und Amerikanern. Sie lassen sich hier zu günstigen Konditionen voll laufen. Einige scheinen hier Stammgäste zu sein. Ihre Eltern oder gar Großeltern wurden hier vor fast vierunddreißig Jahren aus dem Land gejagt, nachdem sie 3 Millionen Menschen in Kämpfen umgebracht haben. Was wohl in den Köpfen der Vietnamesen vorgehen mag?

Am Freitag, einen Tag nach meiner Ankunft, bin ich in das ‚Ho Chi Minh City Arts Museum’ in der Pho Duc Chinh Street Ecke Nguyen Thai Binh gegangen, das heißt teilweise ließ ich mich auch von einer Fahrradrikscha fahren. Der Fahrer äußerte sich abfällig über das Land und seinem Verdienst durch die Fahrerei und schwärmte von einem Freund in Deutschland, nachdem er auf Nachfrage von meiner Herkunft erfuhr. Er setzte mich am Museum ab, einer restaurierten Villa des Fin de Siècle. Es widmet sich wesentlich der vor allen Dingen vietnamesischen Kunst des 20. Jahrhunderts. Einen größeren Raum nehmen Ölgemälde und Plastiken politisch engagierter Künstler ein, die bei uns unter der Bezeichnung ‚sozialistischer Realismus’ zu finden sind – hier aber eher Anfänge mit asiatischer Prägung. Es werden traditionelle Techniken – zum Beispiel die der Lackmalerei mit Goldgrund – mit Ölmalerei verknüpft (Quad Phong *1938). Viele der im ersten Stockwerk gezeigten Arbeiten zeigen den Kampf des Vietkong gegen die kolonialistischen und imperialistischen Eindringlinge im vergangenen Jahrhundert. Einige Bilder auch neueren Datums erinnern an die Auffassung Heinrich Voglers und seine kubistischen Art der Verarbeitung in seinen Komplexbildern ( Co Tam Long Chau * 1938 ). Immer wieder wird das Thema des Krieges, der Entbehrungen und der Entschlossenheit aufgegriffen und bildnerisch umgesetzt. Auch ‚heldenhafte’ Plastiken im Innenhof des Gebäudes zeugen von dieser Auseinandersetzung einer nationalen Identität vor dem Hintergrund des Erlebten und Erkämpften. Es gibt auch impressionistische Arbeiten, die ähnliche Themen aufgreifen und versuchen einfühlsam, aber zum Teil auch heroisch, das alles beherrschende Thema zu bearbeiten.

Man sieht diesen Arbeiten, die alle in den letzten 15 bis 20 Jahren entstanden sind - besonders bei Künstlern der Ende der dreißiger Jahre geborenen - die Last der Vergangenheit und die Schrecken des Krieges im Kampf gegen die Eindringlinge an. Es scheint diese Künstler-Generation immer noch sehr umzutreiben.

Was anfangen mit dem Sieg ?... umgeben von der kapitalistischen Internationale? Alle scheinen darauf zu lauern, dass der Patient endlich aufgibt und stirbt, wie auf Kuba oder in Nordkorea. In China klärt sich das von alleine!

‚Froschlaute’ reißen mich aus meinen Gedanken, die aus dem Nebensaal schallen. Die ehemaligen Widersacher oder besser, deren Nachkommen sehen sich mit Unverständnis und Staunen die Bilder dieser vergangenen Zeit an. Ein kurioser Moment der Unvereinbarkeit in Raum und Zeit unserer schnelllebigen Welt.

Im Stockwerk darüber Skulpturen, Buddhas und Möbel aus dem 18. und 19. Jahrhundert. In verschiedenen kleineren Räumen findet sich dann doch Interessantes: Holzfiguren aus dem zentralen Hochland von Tay Nguyen aus den Anfängen des 20. Jahrhundert. Es sind archaisch, fast afrikanisch anmutende zum Teil recht große Holzplastiken.

Mein Weg führte mich hinaus auf die Galerie des hinteren Flügels, von der der Innenhof des gesamten Gebäudekomplexes gut zu überblicken ist.

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Der Seitenflügel des Ho Chi Minh City Arts Museums am 30.01.09

Auf dieser Galerie befindet sich eine größere Zahl von Plastiken, die ähnliche Themen wie die Ölbilder im 1. Stockwerk verarbeiten. Ich sitze in der gleichen Ecke, aus der ich den Innenhof skizziert habe und kann nun die drei Plastiken an der Stirnseite der Galerie zeichnen.

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Plastiken auf der hinteren, parallel zum Eingangsgebäude verlaufenden die beiden Seitenflügel verbindende Galerie des Museums.

Die Plastiken von links nach rechts:
Tran Van Hoe 1912 – 1984 / Soldat mit einer Panzerfaust / 105 X 87 Polyester
Diep Minh Chau 1919 – 2002 / Ohne Titel / 1959 / 193 X 62 Polyester
Nguyen Phu Cuong *1952 / Grenze / 75 X 40 Keramik

Nach diesem doch recht informativen Besuch des Fine Arts Museums die Ham Nghi Ave. bin ich bei mäßiger Hitze hinunter zum Sai Gon River gelaufen. Der Anleger mit einigen Schiffen war dann doch etwas enttäuschend, außerdem wurde ich auf Schritt und Tritt von Buch- und Ansichtskartenverkäufern und Schuhputzern verfolgt und bedrängt, sodass ich mich gleich in Richtung der Dong Khoi verabschiedete. Die Dong Khoi, die älteste Einkaufs- und Geschäftsstraße der Stadt, ist von immergrünen Bäumen bestanden. An ihr befinden sich nicht nur sehr exquisite Geschäfte, prächtige Hotels, Banken und Geschäftshäuser. Bei einem 1,1 Kilometer langen Spaziergang passiert man nicht nur das Opernhaus ,sondern an seinem oberen Ende auch die Kathedrale Notre Dame – eine neoromanische Backsteinkirche aus dem 19.Jahrhundert, der französischen Kolonialzeit – sondern auch rechter Hand dann die Hauptpost – entworfen von Gustave Eiffel, dem Architekten gleichnamigen Turmes – von 1891. Ich betrachtete begeistert die Jugendstilgestaltung des Innern mit einem großen Ho Chi Minh in Öl an der Stirnseite im Zentrum der Schalterhalle.

Von hier ließ ich mich von einem Motorrad zum War History Museum in der Vo Van Tan bringen. Hinter einer hohen Mauer steht der ganze restaurierte Plunder US-amerikanischer im Vietnamkrieg eingesetzten Waffen, vom Panzer bis zum Helikopter ist hier alles auf einem Haufen dicht gedrängt zu sehen. Diese erbeuteten Waffen bilden nur das Spalier zum eigentlichen Ausstellungsgebäude. Die Ausstellung in dem Hauptgebäude des Museumskomplexes und in den Nebengebäuden ist eine Fotodokumentation hauptsächlich in Schwarz/Weiß und einigen Farbfotos, über die Gräueltaten der US-amerikanischen Truppen in diesem unvorstellbaren Krieg. Es sind wesentlich dokumentarische Aufnahmen aus den Archiven der ehemaligen Eindringlinge und Kriegsführer. Ein erschreckendes Dokument, das auch mir die Tränen in die Augen treibt. Es werden nicht nur die Erschossenen Vietkong und US-Soldaten gezeigt, sondern auch Folteropfer und Opfer der US-Amerikanischen Agent Orange-Einsätze – dem Dioxin-Killer zur Entlaubung des Urwaldes, um ‚den Feind’ besser sehen und vernichten zu können. Verantwortlich für die Entwicklung, Herstellung und Vertrieb dieser teuflischen Chemikalie war eine deutsche Firma!!

Ich sehe vor diesen erschütternden Bildern in der Ausstellung weinende junge US-Amerikaner stehen, die diese Unmenschlichkeit nicht fassen können. Verständlicherweise nimmt das Leid, das den Vietnamesen durch die US-amerikanischen Truppen zugefügt wurde, den größten Raum der Ausstellung ein. Der Ausstellungssaal ist deshalb vorwiegend Folterungen und Massakern gewidmet. Ich kann mir solche Bilder mit zunehmendem Alter immer schwerer anschauen!

Im Außenbereich ist eine maßstabgerechte Nachbildung der berüchtigten Tigerkäfige aufgebaut. Sie befanden sich auf der Gefängnisinsel Poulo Condore (Con Dao) und zeigen die Art und Weise, wie Inhaftierte Männer und Frauen unter zuerst französischer, später dann unter amerikanischer Herrschaft in engsten Raum jahrelang angekettet dahinvegetieren mussten. In einem Extraraum dieses Komplexes steht das älteste Ausstellungsstück, eine mobile französische Guillotine, die noch Ende der 1950 Jahre unter französischer Herrschaft durch ganz Südvietnam weitergereicht wurde, um einheimische Patrioten und Aufständische zu exekutieren.

Insgesamt ist es eine sehr beklemmende Ausstellung der Leiden eines Volkes, das sich letztendlich von den Besatzern befreien konnte! ... Was bringt die Zukunft?

Nicht nur ich, sondern auch viele andere Touristen, darunter sehr viele US-Amerikaner machen sich bei Schließung um 17:00 Uhr still auf den Heimweg in ihre Unterkünfte.

Nachdem ich in der De Tham im ‚Kim Café’ noch eine vernünftige vietnamesische Speise zu mir genommen habe, mich mit einem Australier, der schon lange in Saigon lebt, unterhalten habe, begebe ich mich wieder in mein nahe gelegenes Hotel, um das Tagebuch zu vervollständigen und um diese Zeilen zu schreiben. Heute werde ich Chinatown von Saigon erkunden, morgen mich von einem kleinen Schiff in das Mekongdelta fahren lassen, und am Dienstag geht es dann auf meine erste Eisenbahnetappe gen Norden, nach Phan Rang Thap Cham unweit des Südchinesischen Meeres gelegen. Von dort oder von meiner darauf folgenden Station Hoi An bei Da Nang werde ich dann am kommenden Samstag dem 7. Februar wieder an dieser Stelle berichten.

Übrigens für weitere lohnende Ziele auf der Bahnstrecke zwischen Phan Rang .... und Hanoi bin ich empfänglich. Ich bin über ein Link zu meiner Mailadresse zu erreichen und für Anregungen und Vorschläge dankbar.

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