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Fernöstliches Tagebuch

von Helmut Rieländer

Seite 8
21. - 27. September 2008

Der Sonntagabend war zum wiederholten Male ausgefüllt mit einer Einladung zum Essen bei Chamnan, Kopkun und Familie. Neben einem tollen Mahl mit scharfem Schweinefleisch, Gambas, verschiedenem Gemüse und unterschiedlichen Reissorten war an diesem Abend die mannigfaltige Sprache und für uns als Europäer die schwierige Aussprache im Thailändischen Thema.
Zuvor hatte ich an Chamnan gerichtet noch eine Frage bezüglich der schwimmenden Wats in der letzten Woche auf dem Mae Nam Kok (River) auf der Fahrt nach Tha Ton.

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Schwimmendes Wat auf dem Mae Nam Kok (16.09.08)

Die schwimmenden Wats waren tatsächlich wie vermutet Hinterlassenschaften von Toten- und Beisetzungsfeiern nach der Einäscherung, die häufig direkt an den Anschluss der Feier ist. In Flussnähe wird dann die Asche im Fluss verstreut und das Wat, das für die Zeremonie gefertigt wurde, auf dem Fluss schwimmen gelassen ... auf dem Wege ins Paradies.

Nun zurück zum Thema des Abends: ‚Thailand’ heißt von der Bedeutung des Wortes „Land der Freien“. Offizielle Landessprache ist Thai (phasa thai), das der sino-tibetischen Sprachfamilie zugeordnet wird. Sanskrit, dessen Ableger Pali noch heute als ‚heilige Sprache’ der Buddhisten von thailändischen Mönchen gesprochen wird, hat wesentlichen Anteil an der hier gesprochenen und geschriebenen Sprache. Der Sanskriteinfluss macht sich vor allem bei Familiennamen sowie bei offiziellen Amt- und Würdenträgerbezeichnungen bemerkbar. Man sollte es kaum glauben, aber es gibt Sprachgemeinsamkeiten zwischen der deutschen- und der thailändischen Sprache über das Sanskrit. Alle diese Sprachen und Sprachansätze gehören zur indogermanischen Sprachengruppe.

Beispiele für Sprachgemeinsamkeiten (aus.: Krack, R.; Vater, T. / Reisen know how / Thailand Handbuch / Bielefeld Okt. 2006 / Seite 177 ff)

 

DEUTSCH. . . . .SANSKRIT. . . . . . . THAILÄNDISCH

 

Zahn. . . . . . . . . .danta . . . . . . . . . . . fan

Gans. . . . . . . . .. hansa. . . . . . . . . . . hongse

Saal . . . . . . . . . . sala . . . . . . . . . . . . sala

Mensch. . . . . . . .manushya . . . . . . manut

Minister . . . . . . . mantria . . . . . . . . . montri

Nase . . . . . . . . . .nasika . . . . . . . . . . nasik

Wissenschaft . . .vidhya . . . . . . . . . . wittayasaat

Weste . . . . . . . . . vastra . . . . . . . . . . .pastraporn
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (formell für ‚Kleidung’)

Das Schwierige in der Sprache der Thai ist das Auseinanderhalten zwischen Begriffen und Bedeutung der Begriffe und der Aussprache. Für uns ähnlich klingende Begriffe können in der Thai-Sprache völlig unterschiedliche Bedeutung haben. Es kommt immer auf den Tonfall des benutzten Begriffes an! Die Betonung und ein gewisser ‚Sing – Sang’ in der Stimme geben erst dem Wort seine tatsächliche Bedeutung. Somit gibt in der Schrift das Zeichen über dem entsprechenden Buchstaben den Laut und die Bedeutung des Wortes an. In der Thai-Sprache gibt es somit fünf verschiedene Bedeutungen durch das Heben oder Senken der Stimme. Im Nordthailändischen gesprochenen Lanna (oder La Na) gibt es sogar sieben verschiedene Möglichkeiten durch Heben und Senken der Stimme dem gesprochenen (‚gesungenen’) Wort seine Bedeutung zu geben.

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Das Wort ‚kao’ und seine Bedeutung sowie die unterschiedlichen Betonungszeichen
( = Betonungszeichen in der Lautschrift ) ... in der Schreibschrift sind es Kringel, Schnörkel oder Wellen ( siehe oben unter ‚Thail.-Schrift’ beim Wort "kao").

In der tonalen Thai-Sprache gibt es also fünf verschiedene Tonhöhen, was das Erlernen dieser Sprache nicht leichter macht. Wie oben dargestellt, kann die Tonhöhe steigend, fallend, steigend und dann abfallend, abfallend und dann steigend oder gleich bleibend sein. Verschärfend hinzu kommen häufig noch lokale Besonderheiten, ich habe das auf einer Radtour am nächsten Tage bemerkt: als zwei ältere Damen mir den Unterschied Bangkok-Thai und dem Thai, was in Chiang Mai und Chiang Rai gesprochen wird, erklärten. Es ging um das Beispiel ‚heiß’ (,die Luft’/ das Wetter ist heute heiß!). Ich sagte in meinem sehr rudimentären Thai "honn" ‚die beiden Damen erwiderten darauf, es heiße "ronn"‚ das wäre Bangkok-Thai. Was ich gesprochen hätte, wäre Chiang Mai-/ Chiang Rai-Thai.

Man sieht, es ist nicht so einfach. Noch schwieriger soll die Kommunikation mit den unterschiedlichen Bergvölkern sein, da diese ihre jeweils eigene Sprache sprechen.

Die Thai-Schrift wurde um Zwölfhundert von König Ramkamhaeng aus der Devnagari-Schrift entwickelt, in der Sanskrit geschrieben wurde. Da es schwierig ist, Thai-Begriffe in unser Schriftsystem zu transkribieren, kommt es immer wieder zu den verschiedensten Schreibweisen für ein und dieselbe Thai-Vokabel. Dies ist mir bei Ortsbezeichnungen, Straßennamen und Land- und Straßenkarten bereits häufig untergekommen. Auch in Erklärungen von Chamnan fällt es mir immer wieder auf, wie er überlegen muss, wie ein bestimmtes Wort in lateinischen Buchstaben zu schreiben ist. Auch das war ein Thema an diesem längeren netten, geselligen Sonntagabend.

Am Montag ( 22.09.) habe ich dann eine längere Radtour entlang des Mae Nam Kok (Rivers) unternommen. Eigentlich wollte ich mir an diesem Tage das – nach Chamnans Tipp – interessante Wat Pang Muan nordöstlich vom Konthong Resort gegenüber des Ban Wiang Kue Na auf der anderen Flussseite anschauen. Ich machte den Fehler und fuhr zu früh vom Highway 1 ab und geriet bald in Richtung Wiang Chai, wo ich ja schon war und wo es nicht so spannend war. Bald kam es mir immer bekannter vor. Somit drehte ich um und fuhr die Strecke zurück, um auf eine breite Zufahrtsstraße zum Flughafen Chiang Rai zu gelangen, da dieses die früheste Brücke zur anderen Flussseite hinüber darstellte. In großem Abstand sah ich nun in der Ferne über den Höhenzügen des Nam Tok Khun Forest Parks dunkle Monsunwolken aufziehen. Eine Landschaft – mit dieser Beleuchtung – wie in Norwegen oder an der Thülsfelder Talsperre.

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Monsunwolken über den Höhenzügen des Nam Tok Khun Kon Forest Parks

Nach kurzer Skizze und Farbproben über die Brücke gefahren und auf der linken Flussseite, um zum Wat Pang Muan zu gelangen. Nach einigen Kilometern vorbei am Flugfeld des Flughafens, an Reisfeldern linker Hand ... nun ein Wäldchen vor mir. Dort im Gebüsch sehe ich beim näherkommen viele geflieste Gräber mit ‚gefliesten’ Kreuzen versehen. Ein christlicher Friedhof von der Straße abgelegen, tiefer als das Straßenniveau – ein Friedhof der in Chiang Rai lebenden Christen (ca. 150 bis 200 Gräber). Alle pflegeleicht gefliest wirken sie wie Badewannen ohne Vertiefung mit hoher Rückenlehne und in die Rückenlehne eingelassen Fliesen in anderer Farbe in Kreuzform. Die Radtour ging weiter – vorüber an der Farm Samphanmallij Church (christl. Kirche) und dem Kongthong Reservat. Die ganze Gegend ab kurz hinter dem Friedhof wirkt wie ein nettes Straßendorf, vor dessen Häusern häufig Tische und Stühle, Ausschank von Getränken zum Verweilen einladen. Ich fahre weiter mit dem Gedanken, bei einer der netten Schank- und Garküchenwirtschaften später einzukehren. Nach weiteren zehn Minuten komme ich an ein Schild, dessen Inhalt ich dank meiner Thaischrift-Unkenntnis nicht lesen kann... ich kann nur vermuten ‚noch 9 km bis zum Wat' und es ziehen wieder bedrohliche Wolken auf. Hoffentlich schaffe ich es noch zurück ins Dorf. Es ist wieder unglaublich schwül und sehr heiß geworden. Ich halte völlig ‚ausgetrocknet’ an einem Gartentisch mit sechs Stühlen, an dem ich vorhin einen Mann hatte Geschirr abräumen sehen. Niemand ist zu sehen. Ich rufe laut : Sawadee khrap! (Begrüßungsfloskel). Es kommt eine Frau aus dem am Garten liegenden Hause und aus ihrer Geste schließe ich, dass sie wissen möchte, was ich denn wolle? Ich mache eine typische Essenbewegung (aus der Hand gelöffelt) und sage ‚Phôm narm!’ (Wasser, bitte). Sofort wird eine eiskalte Flasche Wasser gebracht und geöffnet ... wie für einen Verdurstenden. Die Frau, die zuvor mit Näharbeiten beschäftigt war, setzt sich dazu und beginnt nun mit mir auf Englisch zu ‚Radebrechen’. Es folgt das Typische: woher, wohin, ... wo ursprünglich her und über das Wetter. Es folgt die anfänglich beschriebene Szene mit der Hitze.

Eigentlich habe ich Hunger und weise auf die Töpfe, Teller und den Herd, der unter einem Sonnenschirm im Schatten neben dem Tisch steht... wenn ich in den nächsten Tagen wiederkomme, würde sie tock – tock – tock machen. Später stellt sich heraus, dass diese Laute für die Arbeit am Holzmörser, für den scharfen Papaya – Salat ‚Som Tom’ sinnbildlich sprechen sollen. Vielleicht komme ich am Freitag wieder, wenn Wetter und Kräfte mitspielen. Nachdem ich die Flasche Wasser ausgetrunken habe und mich eingehend habe dabei umsehen können, machte ich eine kurze Skizze von der Wäsche im Garten, was beide Damen sehr belustigte. (koloriert wurde zu Hause)

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Das Wäschemobile im Garten der beiden Damen

Nachdem ich also die große Flasche geleert hatte, will ich bezahlen. Da sagt die Dame des Hause „Water is free !“ sehr entrüstet „Water is evrywhere free in Thailand“ und schickte mich von dannen. Es ist nicht überall umsonst, aber häufiger.

Auf der Rückfahrt dann doch noch in ein recht gemütliches – aber dafür schlecht von der Lokalführung (recht junge unerfahrene Leute) - Restaurant an der Brücke zur Stadt eingekehrt und die letzte Zeichnung des Tages erstellt.

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Sonnenuntergang an der Brücke zwischen dem Chiang Rai Stadion und dem Flughafen (22.09.08)

Ich kam dann erst später zurück in ‚mein’ kleines Häuschen. Morgen soll es nach Nan weiter südöstlich von Chiang Rai gehen. Chamnan hat mir angeboten, mich nach Nan mitzunehmen, da er geschäftlich in der Stadt zu tun hat. Die Abfahrt (23.09.) schob sich dann doch von Vormittags bis weit in den Nachmittag. Gegen viertel vor Fünf ging es dann los hinein in die untergehende Sonne (gegen 18:30 Uhr ist es dunkel). Die Beleuchtung an diesem Frühabend war sehr stimmungsvoll. Mir war nicht klar, wie lang diese Strecke war und wo sie genau entlang führen sollte.

Klar war nur, dass wir in irgendeiner Weise ein höheres Gebirge über- oder umfahren mussten. Die Fahrt ging ein Stück über den Highway 1, dann nach rechts ab Richtung Wiang Chai und Thoeng. Die Hauptrichtung war Südosten.

Nan liegt zwischen einer Bergkette (1300 – 1500 m hoch) im Westen und einer höheren Bergkette mit Bergen über 2000 m im Osten zur Grenze nach Laos. Hier schließt dann die Bergkette von Luang Phrabang an. Die Stadt liegt zwischen diesen beiden Höhenzügen in einer größeren Ebene. Durch die Ebene fließt der Mae Nam Nan (Mutter Wasser Nan).

Die Fahrt ging also zuerst der untergehenden Sonne entgegen, später hatten wir die orangefarbene Farbenpracht im Rücken und die leuchtend grünen Reisfelder schimmerten in der Abendsonne. Chamnan sagte dazu, „In zwei Monaten wird geerntet! Danach ist alles braun.“

Die Nacht bricht langsam herein und die Strecke wird nach über hundert Kilometern ca. 100 km vor Nan immer gebirgiger. Inzwischen ist unser Auto noch das einzige, was sich noch durch die Serpentinen quält. Das Gebirge ist hier bis zu 1500 m hoch. Ungefähr nach dreißig Kilometern erzählt mir Chamnan, das die Gegend ein absolut unwegsames Urwaldgebiet ist. In den siebziger und achziger Jahren war es Rückzugsgebiet der thailändischen Kommunisten. Viele sollen angeblich aus dem benachbarten laotischen Grenzgebiet hierher eingeschleust werden sein.

Nach weiteren 10 km sagt er, ‚heute leben hier nur noch Tiger und Schlangen’. Vor vielen Jahren durfte er hier einen erlegen. ‚Bei der Dunkelheit bekommen wir wohl heute keinen zu Gesicht!’

Als wir die größten Erhebungen und schärfsten Serpentinen hinter uns haben, fahren wir auf ein Dorf am Rande der steilen Berge zu. Es ist ein Dorf der Hmong, einer in den Bergen Thailands lebende Minderheit – eines der Bergvölker. Sie pflegen ihre eigene Sprache, Kultur und ihre Riten. Die Häuser sind aus Bambus, Holz und wesentlich aus Binsen und Palmen- und Bananenblättern gebaut. Das Dach besteht aus einer aus Binsen und Bananenblättern abgedeckten Konstruktion, die durch eine aus Hölzern und Hanf verknoteten Verbindung gehalten wird. Die Behausungen besitzen keine Fenster.

Die Straße im Dorf ist – bis auf einige wenige Feuer – unbeleuchtet. Es befinden sich aber viele auf der Straße oder stehen oder sitzen grüppchenweise vor ihren Häusern.

Nach der serpentinenreichen Strecke folgt nun kurz vor Nan ein vierspuriger Highway-ähnlicher Zubringer zur eigentlichen Stadt. Nan ist gleichzeitig auch Hauptstadt des gleichlautenden Departements. Die Stadt mit ihren inzwischen über 25 000 Einwohnern wurde im Jahre 1368 gegründet. Neben den vielen Wats und dem sehr sehenswerten Nationalmuseum, finden viele Aktivitäten an und im Fluss Nan statt. So sieht man abends (nach besagtem Reiseführer) wie Männer und Frauen Ochsenkarren mit Wasserpflanzen beladen und Ende Oktober oder Anfang November am Ende der buddhistischen Fastenperiode findet ein Boat-Racing-Weekend statt. Es soll bereits seit 200 Jahren das Ende der Fastenzeit kennzeichnen.

Ich bin im Dhevaraj Hotel in der Sumonthevaraj Road untergekommen. Das Zimmer ist gut, recht sauber, ohne Macken, mit Fernseher, Kühlschrank, Wasser, ruhiger AC und einem Bad mit Dusche und Badewanne (kein Duschklo!). (Kostet aber auch 700 Baht/ Frühstück eingeschlossen). Die Frau an der Rezeption ist sehr kompetent und spricht recht gut Englisch. Am Abend bin ich dann noch ins Phoom 3 – Restaurant an der Mahawong Road gegangen. Es serviert recht preiswerte thailändische und chinesische Gerichte. Ich habe für etwa 200 Baht recht gut gegessen und getrunken.

Am nächsten Morgen nach einem recht guten Frühstück (dem Besten bisher in einem Hotel in Thailand) habe ich mich aufgemacht Richtung Wat Chang Kham und dem Nationalmuseum Nan. In diesem Teil Nans befindet sich nicht nur oben genanntes Wat, sondern auch das für seine Wandmalerei und die vier Rücken an Rücken sitzenden Buddhas bekannte Wat Phumin.

Vor dem Wat Chang Kham finde ich ein schattiges überdachtes Plätzchen mit Tisch!

Hier entstehen zwei Zeichnungen. Beim Zeichnen wird mir gewahr, dass der Chedi nicht ganz aufs Blatt passt. Somit noch einmal gezeichnet... der Chedi separat ... aber immer noch fehlerhaft (Rätselaufgabe: wer findet es heraus?)

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Teil des Chedi des Wat Chang Kham in Nan

Der Wat besteht in Leserichtung – wie fast ausschließlich alle Wats – aus Bot, Chedi und Viharn.

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Wat Chang Khram in Nan 24.09.08

Ein vorbeikommender, von der Sonne gegerbter Schuhverkäufer klärt mich diesbezüglich noch einmal auf, nicht ohne beiläufig seine Ware: Badelatschen und etwas hochwertigere Plastik- und Ledersandalen, anzupreisen. Ich weise auf meine schönen Sandalen, die ich vor Jahren auf Mallorca erstanden habe... und sie halten immer noch! Er winkt ab, schlechte Qualität und im Übrigen braucht man sowieso zumindest zwei Paar! Dreht sich und will gehen. Ich hatte immer noch nicht herausgefunden, wo sich das Museum befindet und frage ihn. Er dreht sich abrupt um und ein Schwall von Worten und Sätzen ergießt sich über mich von denen ich nur ‚People from the hills’ und auf sich weisend ‚Pathet Lao’ (Land Laos) verstehe. Anscheinend fühlt er sich in dem Museum nicht repräsentiert! Sprichts und zieht von dannen. Ich beende meine Zeichnung und laufe quer über die Kreuzung und den großen Platz zum Wat Phumin.

In diesem Wat finde ich auch ein Foto eines Jugendbildes des Königs (unverkennbar an den charakteristischen Ohren und dem Brillengestell). Das Innere des Wat wirkt vom Grundriss quadratisch, besitzt in der Mitte vier in alle vier Himmelsrichtungen ausgerichtete Buddhas Rücken an Rücken sitzend mit dem Gesicht zu den vier großen Türen des Wats ausgerichtet. Die Wände sind von großen, sehr detailhaften Wandgemälden(Fresken) geschmückt, die Geschichten und Geschichte des Ortes Nan und seiner Umgebung der letzten Jahrhunderte darlegen und abbilden. Die große Farbigkeit und die Vielschichtigkeit der Formen sind von mir hier nicht wiederzugeben. Auch hier vor dem Wat finde ich ein schattiges Plätzchen mit einem Tisch. Von dort male ich das Wat Phumin.

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Wat Phumin in Nan am 24.09.08

Immer wieder strömen kleine Schülergruppen an mir vorüber und grüßen mich mit „Helllooo!“ Ich möchte es für die Zukunft nicht mehr erwähnen, aber es geschieht mir täglich fast zehn bis manchmal zwanzig Mal und nach über acht Wochen geht es mir schon auf den Zeiger. Wahrscheinlich ist dieses ’Hello!’ noch ein Relikt, das sich aus der Zeit der hier stationierten amerikanischen Truppen im Vietnam-Krieg herübergerettet hat.

Als ich die Zeichnung vom Wat Phumin fertig gestellt habe, drehe ich mich zur anderen Seite und skizziere noch einmal den großen Platz (leider hinter der Mauer) mit dem Wat Chang Khram am äußeren Rande.

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Platz mit dem Wat Chang Khram hinter der Mauer 24.09.

Hinter mir befindet sich eine große Schule mit z.T. Klassenräumen, die nur ein Dach, aber keine Wände besitzen. Somit kann ich beim Malen - soweit für mich verständlich - das Unterrichtsgeschehen verfolgen. Es besteht wesentlich daraus – so scheint es mir – die vorgesprochenen (‚vorgekauten’) Worte und Sätze im Chor nachzusprechen, so wie wir es auch aus chinesischen Filmen etc. kennen.

Nach einer Weile, ich packe gerade meine Sachen zusammen, denn ich habe in der Zwischenzeit doch mächtigen Hunger bekommen, kommt eine erwachsene Schülergruppe mit ihrem Lehrer, um den Wat und seine Umgebung zu zeichnen. Es zieht sich eine Weile hin, bis alle so ihren Platz gefunden haben und mich quälen Hunger und Durst. Ich muss auch dringend Chamnan anrufen, dass ich erst am nächsten Tage mit dem Bus zurückfahren werde, denn das Museum und der OTOB-Shop warten noch auf mich. Nach einem vergeblichen Versuch, das Gourmet-Restaurant am Fluss aufzusuchen (es hat noch geschlossen), fahre ich mit knurrendem Magen und etwas Durst zum Museum, weil dass auch schon um 16:00 Uhr schließt. Ich befinde mich also bei größter Mittagshitze heute klugerweise im kühlen Museum von Nan. Es ist der ehemalige Sitz des Grafen Chao Maha Braham Surathada von Nan. Es wurde nach unterschiedlicher Nutzung über die Jahrzehnte im Jahre 1973 als National-Museum eingerichtet. In ihm sind hauptsächlich historische, kunstgeschichtliche, aber auch ethnische Zusammenhänge der Region dargelegt. Es gliedert sich in zwei Teile, wobei die untere Etage, neben lokalem Hausbau und landwirtschaftlicher Gerätschaft, sich hauptsächlich den nationalen Minderheiten der Bergvölker widmet. Neben schönen Dioramen, wie viele sie auch aus anderen Museen (z.B. dem Bremer Übersee Museum) kennen, die Menschen in Lebensgröße in ihren Trachten und in ihrer gewohnten Umgebung (Haus und Hof) zeigen, weist die Schau auch auf die Fertigung von Textilien, Keramiken und anderen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens hin. Es wird auch auf die Ausprägung von Riten, Glauben und, Aberglaube der Bergvölker und der Thai in und um Nan, die in Kunst und Handwerk ihren Ausdruck finden, hingewiesen und an Beispielen veranschaulicht. Die vertretenen Bergvölker sind die Tai Lue, die Hmong (Thai: meo), die yao, die Thin (Thai: htin) und die Mlabri (Tong Luang), die in dieser Region gesiedelt haben – und dies schon zum Teil seit Jahrhunderten. Sie fühlen sich als Volk und sind grenzüberschreitend. Nationale Grenzen spielen für sie keine Rolle. Vieles sind Völker, die aus China eingewandert sind. Sie leben von Ackerbau und Viehzucht aber einige der Völker (beispielsweise die Hmong) leben auch vom Anbau des Mohns in über tausend Metren Höhe, aus dem dann Opium gewonnen wird. Es wird ihnen erlaubt, dieses in geringem Maße zu tun, um ihren Riten nachzukommen. Von den Hmong leben in Thailand ca. 200 000 ‚Zugehörige’ ihres Volkes. Sie siedeln vermehrt in den Bergregionen nach Myanmar und Laos.

Das obere Stockwerk des Museums ist mit Kulturgütern der verschiedenen histor. Thaikulturen ausgestattet. Vom prähistorischen Nan über die Zeit der La Na Periode, über die vorwiegende Zeit von Sukhothai und Ayutthaya bis hin zur Rattanakosin Periode und der westlichen Einflüsse in der Zeit danach. Auch ein Raum hölzerner Buddhastatuen und Kunst aus Nan und historische Funde aus den verschiedenen Epochen der ‚Menschwerdung’ werden präsentiert. Kurz, ein Museum, in dem man sich ohne weiteres eineinhalb bis zwei Stunden aufhalten kann. Sehr interessant (mit englischen Untertiteln und Kurzbeschreibungen).

Anschließend suchte ich verzweifelt nach einem im Reiseführer benannten OTOP-Shop. In diesen shops, die es überall im Lande gibt, werden regionale Produkte von Schmuck über Kleidungsstücke und andere Textilien bis hin zu Alkohol, Honig, Tees, Seifen, Öle und Shampoos und vieles mehr zu festgesetzten Preisen angeboten. Ich werde ca. eine Stunde durch die immer noch heiße Stadt geschickt, ohne den gewünschten Laden zu finden. Als der Letzte mich in die Gegend unmittelbar am Hotel schickt, gebe ich entnervt auf. An der Rezeption erfahre ich dann, dass es in Nan inzwischen vier OTOP-Shops gibt, die alle auf bestimmte Waren spezialisiert sind. Somit hat mich jeder zu ‚seinem’ OTOP-Shop schicken wollen.

Am frühen Abend, so gegen 17:30 Uhr, habe ich mich noch zum Fluss fahren lassen zum Gourmet- Restaurant.

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Blick aus dem Restaurant Gourmet auf den Fluss in Nan (24.09.08)

Es befindet sich direkt am Fluss und ich habe sehr großen Hunger, da ich seit dem Frühstück um halb neun nichts mehr gegessen habe. Ich werde vom Koch und Besitzer persönlich begrüßt und nach meinen Wünschen gefragt. Er kann sehr gut Englisch und ich bestelle bei ihm Hühnchen in einer Soße mit Chashew-Kernen und getrockneten Chilis ( auf Thai: Gai Pad Med Ma Muang).

Es war sehr lecker und gut, da ich aber immer noch Hunger habe, bestelle ich ein zweites Essen: Huhn süßsauer in verschiedenem Gemüse mit Reis. Danach einen Espresso und eine karamellisierte Banane... sehr lecker. Ich platze fast (das ganze kostet incl. zwei Liter Bier, Eis und Wasser 370 Baht ca. 7,20 €). Ich glaube, ich nehme hier zu! Anschließend noch einen längeren Spaziergang am Fluss gemacht, da ich mich so genudelt fühle.

Am Donnerstag ging es dann den für den Bus und seinen Fahrer beschwerlichen Weg – fast fünf Stunden für die 220 km – über die Berge zurück nach Chiang Rai. Die Strecke war z. T. sehr steil und durch Erdrutsche und Straßenabbrüche – teilweise die halbe Fahrbahn – gekennzeichnet. Es ging streckenweise nur recht langsam voran.

Am Freitag nach meiner Rückkehr Text geschrieben, Bilder überarbeitet und etwas gefaulenzt. Ich hoffe, der Text kommt noch am Wochenende ins Netz.

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