HELMUT RIELÄNDER
Malerei, Grafik und Installationen

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Südostasiatische Notizen

Danach bekam auch ich Hunger und freute mich schon auf die Pizza, die, wie zuvor vereinbart, als Abschluss im vierten Stock des Central Plaza verzehrt werden sollte. Für die Fahrt suchten wir uns, mit diversen Plastiktüten bepackt, wieder ein samlor, eines wie unten links zu sehen.

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Wir fuhren zügig zwei, drei Kilometer die Prajak Sillapakom hinunter ... da kamen uns auf der rechten Spur viele Autos entgegen. Das Clock Tower Roundabout (Kreisverkehr an der Digitaluhr) wurde von mehreren Polizisten gesperrt?! Ein kleines Wortgefecht zwischen unserem Samlor-Fahrer und dem ‚wachhabenden’ Polizisten klärte die weitere Durchfahrt nicht. Der Kreisverkehr blieb gesperrt. Nach einer Weile fuhren ein knappes Dutzend Radfahrer mit ihren Stahlrössern über die quer verlaufende Straße und über den Kreisverkehr: das war die angekündigte Massenradtour, die an diesem ‚autofreien Sonntag’ auch in den Provinzhauptstädten stattfinden sollte. Die Schlange motorisierter Drei- und Vierräder hinter uns schwoll an und reichte fast zurück zum Festplatz am Ende der ca. 3 Kilometer langen Straße. Unser Samlor-Fahrer rief den Polizisten für mich unverständliche Sätze zu, die mit dem internationalen Zeichen der Verneinung beantwortet wurden. Es dauerte gute zehn Minuten, bis unser Fahrer klein beigab, sein Dreirad wendete und über große Umwege einen Weg in Richtung Central Plaza zu finden suchte. Ganz langsam begannen unseren Jüngsten, ob der Eindrücke und des Wartens, die Augen zuzufallen.

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Jaja und Eye nach einem langen und aufregende Tag

Wir erreichten recht spät das Central Plaza, eilten in den vierten Stock, bestellten diverse italienische Speisen und solange die anderen auf das Essen warteten fuhren Rei und ich mit einem Fahrstuhl in das Kellergeschoss, um Brot, Käse und Wurst einzukaufen. Wir beide fielen auf, mit unseren zwei Leinenbeuteln, da sonst alle mit dutzenden von Plastiktüten den Lebensmittelsupermarkt verließen. Die Bedienungen an den Kassen geizen niemals mit Plastiktüten, am liebsten wird jede Ware einzeln in eine Tüte gepackt und dann in einer größeren Kunststofftüte von stärkerer Qualität verstaut. Mein bei einem großen, auch Künstlerbedarf führenden Papier- und Schreibwarenladen bestellter spezieller Keilrahmen war leider noch nicht eingetroffen.
Das anschließende Essen war Rei’s Freundin Laht und ihrer Tochter Jaja nicht so recht: die beiden Jüngsten hatten sich Spaghetti bestellt, interessanterweise mit einer hellen Käsesauce und extra Pommes frites dazu, eine interessante Mischung?! Laht musste natürlich die Reste essen, da diese Mengen für die kleinen Mägen nicht zu schaffen waren.
Nach diesem Mahl ging’s zurück ‚auf’s Dach’ des Parkhochhauses. Dort begegneten wir verkleideten und maskierten Heranwachsenden. Die kleine Eye versteckte sich hinter den Beinen der Erwachsenen, bis ‚das Unwetter vorüber war’ und wir wieder sicher im Pickup von Lath saßen. Durch die Furcht und das schnelle Verlassen des Parkdecks vergaßen wir die Hintergründe dieses Mummenschanzes zu erfragen. Die ‚Abfahrt’ aus dem neunstöckigen Parkhochhaus verlief ähnlich wie die Ankunft, wir arbeiteten uns schleichend von Stockwerk zu Stockwerk im Stop-and-go bis hinab auf Straßenniveau. Es dämmerte bereits, als wir das Parkhaus verließen und es strengte mich (wegen meines mit grauem Star belasteten linken Auge) sehr an, den Weg im Halbdunkel zurück nach Ban Phue zu ‚ertasten’.
Das war also unser autofreier Tag in Udon Thani!

Ich geh noch einmal einen Schritt zurück zum 4. Dezember: für diesen Tag hatte der General und gegenwärtige Premierminister zu einem ‚Pastiktüten-freien-Tag’ aufgerufen. An diesem Tag wurde auch in Bangkok und anderen größeren Städten des Landes eine „Keine Plastiktüten“-Kampagne gestartet, um den Thai Environment Day zu zelebrieren.
Bereits Tage zuvor wurden Pressemeldungen zu diesem Umwelttag herausgegeben. In Ban Phues großem Supermarkt Tesco Lotus war davon nichts zu spüren. Noch genauer, die Bediensteten an den Kassen wussten von nichts! Wir verwunderten sie mit unseren aus Deutschland mitgebrachten dunkelblauen Leinenbeuteln unseres Weinhändlers Frank Sch. in Bremen. So etwas kennt man hier so gut wie nicht! Bereits am 6.12. konnte man in der Online-Zeitung ‚der Farang’ lesen, das „... 40 Einzelhändler ... mit den Behörden für Bodenschätze eine Vereinbarung getroffen (haben d.V.), künftig an jedem vierten Tag eines Monats an Kunden keine Plastiktüten mehr auszugeben.“

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Foto aus ‚der farang’ v. 06.12.2018

„Die Vereinbarung haben am Dienstag u.a. Tops, Robinson, Big C, Tesco Lotus, Makro, Foodland, Watsons, Central Marketing Group und OfficeMate unterschrieben. Die Unternehmen wollen auch mit Kampagnen ihre Kunden über die Risiken von Plastik für die Umwelt informieren. Der Anteil von Plastik an dem gesamten Müllaufkommen des Landes macht im Jahr mit zwei Millionen Tonnen 12 Prozent aus. Nur 0,5 Prozent werden recycelt. Jeden Tag werden nach Angaben des Pollution Control Department 45 Milliarden Plastiktüten ausgegeben, weiter 6,76 Milliarden Styroporbehälter (Polystyrolbehälter d.V.) und 9,75 Milliarden nur einmal benutzte Plastikbecher.“ (ebenda)

Bereits am Vortag hatte dieselbe Zeitung über Österreich berichtet, dass die rechtskonservative Regierung des Landes ab dem Jahre 2020 sämtliche Plastiktüten verbieten will. Österreich sei nun das dritte EU-Land – nach Frankreich und Italien, das ein Komplettverbot in Angriff nehme. Davon betroffen sind Kunststofftüten mit Griff oder Griffloch, teilte das Nachhaltigkeitsministerium in Wien mit. Ausgenommen seien stabile Kunststofftaschen, die mehrfach Verwendung fänden (z.B. von Möbelmärkten). Im Alpenland sind im Lebensmittelhandel jährlich ca. 430 Millionen Plastiktüten im Umlauf, das entspricht rund 7000 Tonnen Plastikmüll im Jahr. Der Löwenanteil entfällt, so ein österreichischer Ministeriumssprecher, dabei auf den Verkaufsbereich von Obst und Gemüse.
Hierzulande machen den größten Anteil des Plastiktütenverbrauchs, die übrigens überall kostenlos zur Verfügung gestellt werden, die Unmengen von hauchdünnen Kunststofftüten auf den unzähligen Märkten und Garküchen aus, in denen auch gefertigte Nahrung und Saucen etc. mit nach Hause getragen werden. Hier wäre ein weites Feld für Designer und Ökonomen, um die Entwicklung alternativer Behältnisse und Systeme (Leih- und Pfandsysteme) zu initiieren.

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