HELMUT RIELÄNDER | ||
Ich mühte mich mit den verschiedenen Bambuskielen und später auch mit einem dicken chinesischen Schriftpinsel ab, den Abhang mit dem Gehölz zu meiner Linken auf das derbe Papier des Leporellos zu bannen. (Ergebnis am Schluss dieser SOAN)
Parallel dazu gab ich ein Interview mit dem Hinweis, dass für mich der ‚Akt der Arbeit’ mindestens genauso wichtig ist wie das letztendliche Ergebnis.
Bereits vor sieben Jahren hatte ein von mir so bezeichneter ‚Kaffeehaus-Philosoph’ aus der Gegend von Chiang Rai meine Arbeiten mit einer Form der Meditation verglichen. Er meditierte jeden Tag, so wie ich zu dieser Zeit auf meinen Reisen durch Südostasien mich immer wieder in Zeichnungen und Malerei versenkte. Ich stelle dann alle meine Sinne ‚auf Aufnahme’ und gebe meine Wahrnehmungen in Strukturen, Pinselduktus und Farben wieder. Das heißt nicht, dass ich meine Umwelt vergesse, im Gegenteil: ich nehme sie mit allen Sinnen war... nicht nur die Augen, sondern auch das Gehör sind ‚geschärft’! (Viele wissen das nicht und ich amüsiere mich dann über Kommentare!)
Nach Erläuterungen meinerseits zu diesem Schaffensprozess stellte mir Carolin Fragen zu meiner Zukunft, auch in Bezug auf Rei (ich hatte Carolin vor über zwei Monaten über Probleme geschrieben). Vor dem Hintergrund unserer auch materiellen Probleme, die sich in Deutschland durch die mit dem höheren Lebensstandard verbundenen Mehrkosten noch verschärfen würden, erklärte ich, dass ich mir ein Leben in Deutschland zusammen mit Rei und ihrer in der Ausbildung befindlichen Tochter nicht vorstellen könnte. Nach unseren Auseinandersetzungen im September war es auch nie wieder Thema... und es hätte Rei auch ‚Kopfschmerzen’ bereitet.
Eine sehr persönliche Frage von Carolin an mich über vergangene Beziehungen, die mein Leben in Deutschland betrafen, konnte und wollte ich nicht beantworten, da es für meine Begriffe den Rahmen des Filmes gesprengt hätte, der ja sehr auf ihren Vater Dieter abgestellt war, aber auch von mir lange Ausführungen über mein Leben bedeutet hätte. Auch hatten wir diese Ausführungen, die hätten folgen müssen, nicht abgesprochen. So schwieg ich.
Rei saß die ganze Zeit hinter mir und fächerte mir Luftzüge zu, da es nun bereits gegen halb eins und brütend heiß war! Es war mir peinlich, da es bestimmt sehr unvorteilhaft aussah und möglicherweise missinterpertiert werden würde.
Rei hatte auch die letzten fünf Fotos für diese Notizen gemacht und wurde danach von Carolin bezüglich ihrer Zukunftspläne interviewt. Sie führte in englischer Sprache aus, dass ich die Hitze im Sommer und teilweise in der Monsunzeit nicht sonderlich vertragen würde. Aus diesem Grunde würde sie mir in einiger Zeit(?) in Begleitung ihrer Tochter nach Deutschland folgen wollen.
Innerlich fiel ich aus allen Wolken, da dies nach unseren Auseinandersetzungen Ende August und im September nie wieder ein Thema war. Auch hatte Rei in den letzten Monaten absolut keine Anstalten gemacht, sich auf ein Leben in Deutschland vorzubereiten (weder begann sie Deutsch zu lernen, noch ihre Tochter zu animieren, gleiches zu tun! Hinzu kommt, dass wir nicht verheiratet sind, was Voraussetzung wäre, um in Deutschland zu leben. Alles war seit drei Monaten nie mehr Thema!)
Ich mischte mich in das Interview nicht ein, da ich keinen Streit vor der Kamera provozieren wollte und setzte meine Arbeit an dem Leporello fort.