HELMUT RIELÄNDER | ||
Ende September hielt ich dann die vorerst letzte Stunde, da Nong Ploy sich nun verstärkt auf ihr Abitur in Englisch vorbereiten muss, und wir verabschiedeten uns nach diesem ersten Block des Deutschunterrichts.
Auf dem Weg vom Parkhochhaus des Central Plaza zu Apinyas Privatschule unweit des Bahnhofs von Udon Thani komme ich immer an einem Lokal an der Prajaksilpakom Road vorüber..
In den hinteren Räumen befindet sich der Fuzzyken’s Bookshop, ein Antiquariat, betrieben von einem silbergraubezopften englisch sprechenden Farang beträchtlicher Größe und seiner thailändischen Frau. Die Bücher sind sehr preisgünstig und man kann sie, nachdem man sie gelesen hat, wieder an den Buchladen zurückverkaufen. Hauptsächlich sind es englischsprachige Taschenbücher. In einem Regal finden sich aber auch französische, skandinavische oder deutsche Literatur unterschiedlicher Provenienz (Romane, Krimis, Reiseliteratur etc.).
Vor einigen Wochen fiel mir dort der Roman Der König und ich (in der amerikanischen Originalausgabe von 1943 unter dem Titel ‚Anna and the King of Siam’ erschienen) von der Amerikanerin Margaret Landon in die Hände.
Die Autorin hatte über Jahre das Leben der Engländerin Anna Leonowens recherchiert, die nach dem Tod ihres Ehemannes als Lehrerin und Erzieherin am Hofe des thailändischen Königs Mongkut (Rama IV, 1851 – 1868) wirkte und wesentlich zur Erziehung und ‚Menschwerdung’ des Prinzen und nachfolgenden Königs Chowfa Chulalongkorn beitrug. Dieser sollte nach dem Willen seines Vaters neben siamesischen auch in westlichen Kulturwerten unterrichtet und so auf die weitere Modernisierung Siams vorbereitet werden. Im Ergebnis wird Chulalongkorn (Rama V. Der Große, 1868 – 1910) noch heute aufgrund seiner Großherzigkeit und seiner vielfältigen Reformen der Staatsorganisation in der thailändischen Gesellschaft hoch verehrt.
Ein thailändischer Kalender mit dem Konterfei König Chulalongkorn in unserer Küche in Ban Phue
Eine wichtige Quelle ihrer Recherchen waren für Margaret Landon Anna Leonowens’ Bücher Als englische Erzieherin am Siamesischen Hof und Die Romantik des Harems, durch die sie Einblicke in die Lebensverhältnisse am Siamesischen Hof unter König Mongkut erlangte. Später lernte sie Leonowens durch den Dichter Dr. Edwin Bruce McDaniel auch persönlich kennen. Erst mit der Auswertung einer umfangreichen Briefkorrespondenz und Dokumentensammlung einschließlich der in siamesischer Sprache abgefassten Briefe von König Mongkut, die sie in Bangkoks Kongressbibliothek unter den nicht katalogisierten Büchern aufgestöbert hatte sowie zahlreichen Treffen mit Enkeln und Hinterbliebenen Leonowens war die Recherche zu ihrem Roman abgeschlossen. Weitere Parameter zu ihrem Roman bezog Landon aus eigenen Kenntnissen über das nun modernere Siam – sie hatte neun Jahren in verschiedenen Provinzen Siams als presbyterianische Missionarin gelebt.