HELMUT RIELÄNDER
Malerei, Grafik und Installationen

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Südostasiatische Notizen

Bereits zwei Tage zuvor besuchte ich mit Betty, einer ‚alten’ Freundin, das Bremer Theater am Goetheplatz. Es wurde an diesem Abend die Oper ‚Oreste’ von Georg Friedrich Händel gegeben.
Schon zwei Wochen vor meiner Ankunft in Deutschland standen Betty und ich in Mail-Kontakt bezüglich dieses Musikereignisses. Kulturell war ich nach fast eineinhalb Jahren, zumindest was die westliche Kultur anbelangt, etwas ausgehungert. Eigentlich wollte ich ‚Carmen’ von Georges Bizet noch einmal erleben. Allein, es wurde zu dieser Zeit – es war Ende der Spielsaison – nicht mehr gegeben. Nach einigem Hin und Her besorgte Betty Karten für diese barocke Oper.
Betty ist Ärztin an einem Bremer Krankenhaus. Bei Theateraufführungen muss, wenn mehr als 99 Zuschauer anwesend sind, für medizinische Notfälle immer ein Arzt oder eine Ärztin anwesend sein (ebenso wie der obligatorische Brandmeister). Ärzte können sich für diesen Dienst freiwillig melden und dürfen als Begleitung eine Person ihrer Wahl mitbringen.
In der Vergangenheit – vor zwei bis drei Jahren – hatte ich so immer das Vergnügen, nicht nur mit Betty auszugehen, sondern auch diversen Opern und Schauspielen beizuwohnen (wie gesagt, kostenlos). Im Anschluss gingen wir dann in ein benachbartes Lokal, um einen Wein und eine Kleinigkeit zu Essen zu uns zu nehmen (häufig lud ich sie dann dazu ein).

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Das Theater am Goetheplatz in Bremen

An diesem Tag wurde also die Oper ‚Oreste’ gegeben.
Der Hintergrund dieser Oper geht zurück auf das mythologische Drama ‚Iphigenie bei den Taurern’ von Euripides. (Anregungen der Tragödien ‚Die Eumendien’/ Aischylos und ‚Elektra’/Sophokles flossen in die Handlung mit ein.)
Andere bekannte operntypische Elemente erweitern die Geschichte.
Die Handlung spielt auf der griechischen Insel Tauris. Auf ihr herrscht König Thoas mit archaisch-blutigen Methoden. Er agiert als dunkler Dämon. Er tötet statt zu reden.
‚Er ist ein Ausbund all dessen, was Zivilisation und Aufklärung hinter sich zu lassen sucht.’ (so im einführenden Text zur Oper und zur Handlung)
‚Eines Tages betreten Menschen, die das rauschhafte Begehren nach Blut in sich zum Schweigen gebracht hatten, die Insel. Wie werden sie umgehen mit dem Wiedererwachen ihrer geheimsten Triebe?’ (so weiter zur Einführung dieser Oper von Händel, die sich als Studie über das Dunkle im Menschen versteht, das der ‚aufgeklärte Zeitgenosse lieber verdrängt statt es in seinen mühsam ausgeglichenen Seelenhaushalt zu integrieren.’
Die Aufführung im Bremer Theater (am Goetheplatz) wurde musikalisch geleitet von dem Barockspezialisten O. Boman, der bereits vor Jahren das Musical ‚Hair’ am Bremer Theater inszeniert hatte.

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Neben den fantastischen Musikern waren es besonders auch die beeindruckenden Stimmen der zwei Männer und vier Frauen, die diese Oper zum einmaligen Erlebnis für mich machten. Auch das Bühnenbild, durch seine z.T. dekonstruktivistische Aufmachung, hatte seinen besonderen Reiz und ergänzte mit seinen drehbaren Versatzstücken die Handlung in spannungsreicher Weise. Einzig die Videofilme, die häufig auf eine vor die Spielszenen gerollte Gaze projiziert wurden, führten stellenweise zu einer größeren, störenden Reizüberflutung, die zur Folge hatte, dass Handlung und Gesang in den Hintergrund rutschten.

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Insgesamt war es eine recht gelungene Aufführung, die mir auch musikalisch gut gefallen hat!

Im Kontrast zu diesem besonderen kulturellen Highlight stand immer wieder der ewige Regen, der die Gartenlandschaft hinter dem Haus Ritas und Hermanns in eine ewig tropfende grüne Hölle verwandelte.

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Ich hatte zwar auch in Thailand in den letzten beiden Monaten und vor allen Dingen im letzten Jahr Regengüsse erlebt, aber sie wechselten sich dann doch häufig mit stärkeren Sonnenscheinphasen ab. Einen stundenlangen, manchmal Tage langen ‚Schnürli-Regen’ - der die Kleidung bis auf die Haut durchweicht, den gibt es in Thailand sehr selten. Wenn es regnet, dann gießt es auch, und man stellt sich unter. Danach stahlt meist wieder für Stunden die Sonne (in der Regenzeit, sonst nicht!).

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