HELMUT RIELÄNDER | ||
Am Sonntag, drei Tage vor meiner Rückreise nach Thailand, besuchte ich Gert S. ein zweites Mal. Er zeigte mir einen großen Teil des Œvres seines ‚zweiten Lebens’ als Künstler. Im ‚ersten Leben’ ist er Architekt (u.a. Bremer Flughafen und diverse öffentliche und private Bauten). Ein bewegtes Leben zwischen Entwerfen, Kreativität, Zeichnung und Malerei!
Gert S. auf der Terrasse seines schönen, neueren Hauses im Bremer Ostertor (02.08.2015)
Nun ist eine große Auswahl seiner Zeichnungen, die auf Reisen entstanden sind, sowie seiner Akt- und Ölmalereien digitalisiert und steht für Layout und Druck (book on demand) zur Verfügung. Eine sehr intensive Arbeit der Recherche, Auswahl und des Fotografierens. Nach dem Layout ist ein Druck in kleiner Auflage ‚zum Hausgebrauch’ geplant.
Ich habe eine ganze Reihe seiner digitalisierten Bilder aufgenommen. Diese umfangreiche Sammlung sehr guter Zeichnungen, Aquarelle und Arbeiten in Öl würde allerdings den Rahmen dieser Notizen sprengen.
Meine Blicke in Wohnungen der Menschen in meiner Heimatstadt lassen mich über diesen Aspekt der völlig unterschiedlichen Kulturen nachdenken. Immer wieder fällt mir in Deutschland die ‚entwickelte Wohnkultur’ auf. Bilder, Bücherregale, Schränke, ‚auserwählter Schnickschnack’ sind allgegenwärtig. Auf der einen Seite halten wir uns den Großteil des Jahres in unseren ‚vier Wänden’ auf (siehe auch den ‚Sommer’ der vergangenen fast vier Wochen). Zum anderen ist die europäische, besonders auch die deutsche Kultur, eine Lesekultur. Eine unsere Identitäten sind unsere Bücher, unsere Schriftsteller, als Teil unserer Kultur. Daran können auch zwei von unseren Vorfahren geführte Weltkriege nichts ändern.
Auch unser Haus in Ban Phue weist inzwischen einige dieser Attribute auf?!!
Ganz anders in den Haushalten, die ich in Thailand und speziell im Isaan kennen gelernt habe. Ich glaube, ich kann es an einer Hand abzählen, dass ich dort jemanden aus freien Stücken habe lesen sehen. Dort wird gelesen, wenn man muss: für die Schule, für die Universität, vielleicht auch einmal eine Gebrauchsanweisung vor der Inbetriebnahme eines Gerätes. Lesen ist nicht sanuk hier. Es strengt an, birgt schlechte Laune und das bereitet wieder Kopfschmerzen, da man denken ‚muss’??!
Es gibt durchaus Schriftsteller in diesem Lande, aber Menschen, die wenig mit der Lesekultur in Verbindung stehen – das gilt allerdings auch für ‚D’ und andere Länder – sind Schriftsteller nicht bekannt. Gelesen werden allenfalls buddhistische Schriften, die von den Mönchen verteilt werden (gilt besonders für die Menschen hier auf dem Lande).
Auffällig war für mich jedenfalls in Deutschland, dass wir uns mit sehr vielen ‚Wohnutensilien’ und ‚Wohnaccessoires’ umgeben, die unsere Wohnungen füllen, wir aber äußerst selten benutzen.
Im Isaan dagegen finden sich in den Häusern überwiegend ‚leerstehende’ Riesenräume, in denen nur ein paar Matten liegen, auf denen man mit untergeschlagenen Beinen sitzt. Ich habe dann auch schon mal gefragt, welcher Sportart denn in dieser ‚Halle’ nachgegangen wird? Das wurde natürlich nicht verstanden, da fast alle Räume nur sehr spärliche Einrichtungen aufweisen.
In Deutschland stehen Wohnkultur und Einrichtung der ‚vier Wände’ hoch im Kurs. Es gibt, glaube ich, kein Volk, das so viel für ‚das Wohnen’ ausgibt, bei dem die Einrichtung der Wohnung solch ein Gewicht hat wie bei ‚den’ Deutschen.
Am Sonntagabend war dann noch einmal ein Treffen bei Rita und Hermann anberaumt, zu dem auch Wolfgang K., ein Mitbesitzer unseres Hauses ‚Beim Steinernen Kreuz und seine Freundin Ulla geladen waren. Es war einer der lang vermissten lauen Abende in Bremen, den ich sehr genoss.
Rita, Hermann, Wolfgang und Ulla auf der Terrasse im Bremer Osten
Unser Austausch von Erfahrungen und Berichten über das, was jeden gerade beschäftigt, wurde begleitet von einem mürben Braten mit Rotweinsoße, frischen grünen Bohnen, Pellkartoffeln und Salat (alles von Rita, Hermann und mir zubereitet): wunderbar... das werde ich jetzt über ein Jahr wieder vermissen!