HELMUT RIELÄNDER | ||
Verkehrs-Kultur
Auch auf Thailands Straßen herrscht eine Hierarchie vor: das Gesetz des Größeren, Stärkeren. Gut zu beobachten ist das beim Kreisverkehr, an Stopp- und Vorfahrtsstraßen oder bei Wendemanövern. LKW und Busse haben ‚immer Vorfahrt’! Ein Schelm wäre, wer Böses dabei denkt... ?! Wenn man glaubt, diese großen Vehikel würden Vorsicht walten lassen oder Rücksicht nehmen?! ...eine Fehleinschätzung!
Ein Bus vor uns in Udon Thani in der Udon Dutsatdi Road (nahe Ban Huai-Market) in Richtung ‚Landmark’... der Bus ‚pflügt’ die Straße hinunter und alle anderen Fahrzeuge folgen ihm... da er ‚den Weg frei macht’....
.... bis hin zum Kreisverkehr am Clock-Tower: hier biegt er in unvermindertem Tempo ein... und alle folgen dem dicken Bus glücklich! Die bereits im Kreisverkehr Befindlichen haben das Nachsehen ... und müssen ‚in die Eisen!’
Mein Reiseführer bezeichnet die Fahrweise der Thais als ‚Irrwitz auf Rädern’! Es wird auch ‚euphemistisch’ von sehr ‚individuellem Fahrstil’ gesprochen.
Meine ersten Erfahrungen waren etwas anderer Art!
Jedes Mal habe ich mich in den ersten zwei, drei Monaten erschrocken, wenn mich ein Motorrad links überholte (hier herrscht wie in England, Indien und noch einigen anderen Ländern Linksverkehr!!). In Europa (Deutschland) entspricht das der rechten Standspur!
Insgesamt muss man sagen, dass sich Moped- und Motorradfahrer sehr ähnlich verhalten wie die Fahrradfahrer in meiner Heimatstadt in Deutschland: gegen jede Verkehrsregel. Nur sind sie hier durch ihre Motorkraft zwei- bis dreimal so schnell!
Nun muss man berücksichtigen, dass hier auf dem Lande die Motorisierung der Bevölkerung erst vor fünfundzwanzig, dreißig Jahren Einzug gehalten hat. Vorher wurde auf Büffeln in die Stadt zum Markt geritten.
Die Unkenntnis und das Nichteinhalten von Verkehrsregeln ist auch darauf zurückzuführen, dass man sich hier als ‚Besserbetuchter’ einen Führerschein einfach erkauft (... wie vieles andere auch!)
Kleine Verkehrsvergehen lassen sich mit einem 100 THB-Schein (~ 3€) durch direkte Barzahlung an den Polizisten ‚aus der Welt’ schaffen.
Als Rei vor über einem Monat noch ohne Mopedführerschein durch die Lande knatterte, hatte sie immer zwei 100 THB-Scheine in ihrer Jackentasche. Einen Schein für ‚das Fahren ohne Helm’ (weil es viel zu heiß ist!) und einen zweiten für ‚das Fahren ohne Führerschein’. Nach der Barzahlung an den wachhabenden Polizisten, der sie angehalten und kontrolliert hatte, fuhr sie natürlich mit größter Selbstverständlichkeit weiter. Das machen hier alle so! Polizeistreifen sind bei den einfachen Verkehrspolizisten am Monatsende besonders beliebt... da ihr geringes Gehalt vorne und hinten nicht reicht!
Inzwischen hat Rei in zwei(!!!) Stunden einen Führerschein gemacht. Er kostet etwas mehr als 300 THB (um die 9 €). Auf dem Motorroller trägt sie nach meinem Anraten nun auch einen Helm! Erst vor drei Monaten hatte sie einen fremdverschuldeten Unfall mit dem Roller und erlitt diverse Hautabschürfungen, ohne das den Unfall verschuldete junge Mädchen zu belangen... wohl wegen Kreng djai hat sie die Polizei nicht gerufen. Auch das in Deutschland undenkbar!