HELMUT RIELÄNDER | ||
Zurück zu den ganz privaten und unmittelbaren Geschehnissen: eines Abends zeigte mir Rei, nachdem sie tagsüber ihren Vater auf dem Lande versorgt und anschließend bei ihren Verwandten ‚at the corner’ vorbeigeschaut hatte, interessante Fotos einer ‚häuslichen Zeremonie’, die bei Verwandten stattgefunden hatte.
Leider erfuhr ich davon erst im Nachhinein. Es war eine Zeremonie der Segnung des Hauses von Khun Jah (Herr Jah) und Yai Uan (Oma Dick, was im Thailändischen nicht abwertend, sondern im Gegenteil ‚reizend’ gemeint ist) durch einen Brahmanen (phram) des Dorfes Ban Poon.
Im Isaan wird diese Zeremonie het wiak genannt. Der Phram, der gebürtig aus Roi Et (Stadt weiter im Süden des Isaan) stammt und mit einer Frau in Ban Poon verheiratet ist, baute zuvor aus Teilen einer Bananenstaude und Bambusstäben den unten abgebildeten quadratischen ‚Setzkasten’, der in neun gleichgroße Abteilungen unterteilt ist. In diese Fächer werden unterschiedliche Sorten Reis, Backwerk und Süßigkeiten (kalapük) gelegt. Hinzu kommen wichtige Handwerkzeuge hiesiger Bauern (miit/ eine Art Machete, Beil, Latthammer und eine Art Stecheisen), Getränke, zwei Teller mit thub thien (kleine gelbe Kerzen) und dog put (kleine grüne Blumen-Stängel mit weißen Blüten). Links oben im folgenden Bild ist ein Kochgefäß mit Korb zur Zubereitung von khao niao (Klebreis) zu sehen. Die beiden silhouettenartigen Figuren stellen das Familienoberhaupt und seine Frau dar. Rechts von dem ‚Setzkasten’ befindet sich eine Aluschale mit noch nicht zubereitetem frischem Klebreis und eine blaue Salatseihe, dessen Inhalt und Bedeutung von mir nicht ergründet werden konnte. Unter dem auf der Seihe liegenden gewölbten Bananenstaudenabschnitt ist ein dickes Knäuel sai sin (Baumwollfadenknäuel) zu erkennen, das bei vielen buddhistischen und animistischen Zeremonien Verwendung findet (siehe auch
SOAN 11 vom März 2015 am unteren Ende der Seite).
Nach dieser ‚Bestandsaufnahme’ wurden nun neun kleine Stelen, bestehend aus dünnen Bambusstäben mit pfeilartigen Symbolen auf ihren Spitzen, jedem der 9 Fächer zugeordnet und die beiden Menschensilhouetten (Mutter und Vater) bekamen ein Stück Tuch umschlungen. Im Hintergrund dieser ‚Installation’ befinden sich Kleidungsstücke aller Familienangehörigen des Hauses und links daneben das Wassergefäß mit dem Korb für die Zubereitung von Klebreis, dem Grundnahrungsmittel im Isaan. Dahinter wurde eine Ruhematte mit einem Kopfkissen (Nackenrolle) platziert. Der Phram kniete sich nun nieder und begann unter Vortragen von Pali-Versen in leichtem Singsang mit der Zeremonie der Segnung des Hauses und seiner Bewohner.
Dabei wickelte er vom Knäuel des Baumwollfadens etwas Faden ab, um die neun Bambusstäbe, die für die Familienmitglieder stehen, miteinander zu verbinden. Bei diesen rituellen Handlungen waren weder Familie noch Gäste involviert.
Ein abschließendes Gebet beendete diese Zeremonie. Im Folgenden noch einmal die Anordnung des Ritus’ mit all seinen Gegenständen, dem Phram und Yai Uan im Hintergrund auf einem Stuhl sitzend: