HELMUT RIELÄNDER | ||
Die Statue stammt ursprünglich aus Chiang Rai und kommt aus dem dortigen Wat Phra Kaeo, wo sich jetzt eine Replik des Smaragd-Buddha befindet. 1434, so sagt die Geschichte, schlug ein Blitz in die Pagode des Tempels in Chiang Rai ein und spaltete eine Buddha-Gipsskulptur auf. Unter dem gebrochenen Gips kam die grün leuchtende Jadeplastik zum Vorschein. Zwei Jahre später befahl der damalige König Sam Fang Kaen von Chiang Mai, die Skulptur an seinen Herrschaftssitz bringen zu lassen. Nach einigen Irrungen und Wirrungen wurde sie aber erst 32 Jahre später über Lampang nach Chiang Mai verlegt. Nach weiteren 83 Jahren geriet der Smaragd-Buddha durch Erbfolge nach Luang Prabang (heute Laos) und später für weitere 214 Jahre in die heutige laotische Hauptstadt Vientiane (auch dort gibt es ein Wat Phra Kaeo, das aber heute nur noch als Museum fungiert). 1778 wurde Vientiane von der thailändischen Armee eingenommen und der Jade-Buddha als Siegestrophäe nun wieder nach Thailand gebracht.
Nachdem König Rama I., der erste der noch heute in Thailand herrschenden Chakri-Dynastie, den Tempel ‚Wat Phra Si Rattana Sadsadaram’ (‚Tempel des heiligen Juwels [des Gottes] Indra’) hatte erbauen lassen, fand die Skulptur letztlich im Jahre 1784 ihren heutigen Platz. Von den Bangkokern wird der Tempel schlicht Wat Phra Kaeo (Tempel des Smaragd-Buddha) genannt.
Die Touristenscharen drängten sich zu Tausenden zwischen den über 200 Jahre alten Gebäuden. Besucher mit heller oder dunkler Hautfarbe waren an zwei Händen abzuzählen. In der Mehrheit waren es Menschen asiatischer Herkunft: einige wenige Thais, etwas mehr vertreten waren Südkoreaner. Das Gros stammte aus China, erkennbar an ihrem etwas anderen Gesichtszuschnitt, ihrer ‚nuscheligen’, z.T. kehligen Aussprache und ihrem Auftritt in laut vor sich her gestikulierenden Gruppen mit ‚Führer’!
Ich wollte mich nicht bis zur Skulptur – wie vor zwanzig Jahren auch beim Besuch des Pariser Louvre und dem Betrachten der Mona Lisa – ‚durchschlagen’.
Ich setzte mich auf einen steinernen Schrein gegenüber des großen Fensters an der Stirnseite des Tempelgebäudes und betrieb ‚Menschenstudien’ der Vorüberströmenden. Die von dem höher gelegenen Gebäude herabführende Treppe führte direkt auf meinen Sitzplatz zu.
Als ich mich, um die Buddha-Skulptur noch einmal über die Köpfe der Besucher hinweg abzulichten, von meinem Sitzplatz erhob, schob sich eine jüngere Chinesin hinter mich und drückte mir ihre spitzen Knie in meine Kniekehlen. Impertinent!! Instinktiv ließ ich mich wieder nieder und hätte mich fast auf ihren Schoß gesetzt. Mit einem leisen Quietscher wich sie zur Seite aus. Noch eine Beckenbewegung und ich hatte meine alte Bewegungsfreiheit wieder!
Mir sind während meiner einjährigen Anwesenheit in diesem Lande schon häufiger Klagen, insbesondere von thailändischer Seite, über das Verhalten der chinesischen Touristen zu Ohren gekommen. Es liegt mir fern, alle über einen Kamm zu scheren und ich wollte die Kritik auch eigentlich nicht recht glauben, aber hier fand ich die Klagen berechtigt und war selbst recht angefasst! Es haftet dieser Ethnie etwas Imperiales, Besitzergreifendes an. Hat es eine solche Art von Auftreten in den achtziger und neunziger Jahren, als auch Massen deutscher ‚Neckermänner und -frauen’ diese Orte besuchten, gegeben?
Ich verließ den Ort des Geschehens und verabredete mich telefonisch – da wir uns in dem Gewühl nicht wieder finden konnten – mit ‚den drei Frauen’ in einem Café gegenüber dem Tempeleingang.
Ein Kaffee mit Eisstücken drin versöhnte mich wieder mit dem touristischen Massenandrang. Danach bestiegen wir ein Taxi, das uns direkt zu unserem Hotel zurückbringen sollte. Der Taxifahrer war recht nett und auch des Englischen einigermaßen mächtig. Wir verabredeten mit ihm, uns am nächsten Tag gegen ein angemessenes Entgelt Sehenswürdigkeiten in und um Bangkok zu zeigen. Als erstes wollten wir zum ‚Floating Market’ nahe Ratchaburi im Süden von Bangkok.
Pünktlich um acht Uhr morgens wurden wir von unserem Chauffeur bereits erwartet und es dauerte erst einmal etwas, bevor wir aus dem chaotischen Verkehrsgewühl der Millionenstadt hinaus kamen.
Nach diversen Staus überquerten wir auf der Stadtautobahn die Brücken über den Chao Phraya, mit Blick hinüber in die Stadtteile Bankok Noi und Nonthaburi. Nun waren es noch über sechzig Kilometer bis zum ‚Floating Market’.