HELMUT RIELÄNDER | ||
Bereits vor Jahren war mir auf den Märkten in Thailand die Unsitte des Verpackens von gekochten Speisen, Saucen, Suppen, aber auch von Fleisch und Gemüse in Unmengen von Plastiktüten aufgefallen. Zwar kennt man hierzulande mittlerweile auch die Möglichkeit des Recycling, aber zumeist wird Plastik zusammen mit anderem Hausmüll einfach verbrannt! Hierzulande macht sich kaum jemand Gedanken darüber, mit welchem Energieaufwand diese Tüten gefertigt werden und welche gesundheitlichen Folgen das mit dem allabendlichen Feuerchen verbundene Einatmen von Dioxinen und Chlor hat. Wo hat wohl die verhältnismäßig große Rate der Atemwegserkrankung vieler Thais ihren Ursprung? Ich denke auch an die gerade verstorbene Mutter von Rei, die mit Vorliebe in den Morgenstunden solche Feuerchen entfachte, immer mit der Nase darüber!
Wie wurden eigentlich vor der massenhaften Produktion von Kunststoff (vor 1970) diese Speisen abgepackt und transportiert?
Zurück zu den Trauerfeierlichkeiten: inzwischen nahmen Musik und Gesang Einkehr in die Feier. Schon am Vortag hatten sich die emsig arbeitenden Köchinnen und Abwäscherinnen mit dem Absingen von traditionellen Volksliedern im Stil des Mo Lam während ihrer Arbeit unterhalten.
Mo Lam ist die Volksmusik von Laos und der nordostthailändischen Region des Isaan. Sie wird aber auch überall dort in Thailand gespielt, wo die zahlreichen Arbeitsmigranten aus dem Isaan leben. Ursprünglich war es Musik, die durch improvisierten Gesang, begleitet von traditionellen Musikinstrumenten, wie der Khaen (einer Mundorgel aus Bambus), der Phin (ein dreiseitiges Lauteninstrument), der Ching (kl. Zimbel), der So (einem Streichinstrument), Panflöten und Trommeln vorgetragen wurde.
Bei kleineren Aufführungen dieser Mo Lam-Musik wird heute häufig auf den Einsatz dieser Instrumente verzichtet. Die Begleitmusik wird zumeist elektronisch eingespielt oder synthetisch aus durchkomponierten Vorgaben erzeugt. Mo Lam zeichnet sich durch schnelle Tempi und Wechsel in der Vortragsweise aus. Die Themen sind: unerwiderte Liebe, harte Arbeit fern der Heimat und Widrigkeiten des Lebens, meist aus einer ironisierenden Perspektive. Insgesamt ein wichtiges kulturelles Bindeglied zur Heimat.
Ein Liedtitel lautet übersetzt: ‚Ich will einen ausländischen Ehemann!’... was vielen Frauen hier aus der Seele zu sprechen scheint.
Ich wurde am Tag zuvor von zwei jüngeren Frauen gefragt, die ich beim Kochen und Zubereiten von Speisen fotografierte, ob ich nicht noch einen weiteren Farang-Mann in Petto hätte. Ich schaute etwas umständlich in beiden Hosentaschen nach, hob dann wieder den Kopf und sagte (in ihrem Thai-Englisch): ‚No heb’! Die Reaktion war ein prustendes Gelächter aller Umstehenden.
Inzwischen war auch der Chedi, der mit einem Teil der sterblichen Überreste der verstorbenen Burian an der Mauer des Wat Satsadaram Ban Poon beigesetzt werden sollte, auf dem Hof eingetroffen.
Die Utensilien für eine weitere Zeremonie. Von links nach rechts: thung (Plastikbeutel mit Utensilien für die Verstorbene, an langen Stäben hängend); ki püng (eine Art orangefarbener runder ‚Stempel’ aus Wachs, mit denen später die Bienen-Schlösschen für die Geister (prasat püng) verziert werden; die Gegenstände im Hintergrund werden von den Mönchen bei ihren rituellen Handlungen benötigt.
Verwandte und Freunde haben aus Blattstielen und Blättern einer Bananenstaude kleine dachförmige Schlösschen als Heimstätten für den Geist der Verstorbenen gebaut, sog. prasat phüng (Bienen-Schlösschen).
Links: die vier Bienen-Schlösschen sind Burian und ihrem vor Jahren verstorbenem Sohn Chiangam gewidmet und sollen auf den beiden Tempelanlagen des Dorfes platziert werden; rechts: Rei besprenkelt die vier prasat phüng nacheinander mit geweihtem Wasser.