HELMUT RIELÄNDER
Malerei, Grafik und Installationen

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Südostasiatische Notizen

Am zweiten Besuchstag von Claus machten wir einen Ausflug zum 25 Kilometer entfernten Mekong. Unsere erste Station machten wir in Si Chiang Mai, um einen Blick über die ‚Flutmauer’ der Promenade nach Vientiane, der Hauptstadt von Laos zu erheischen. Der Mekong ist hier, wie auch weitere über siebenhundert Kilometer, Grenzfluss zwischen den beiden Ländern.
Wir setzten unseren Weg fort gen Nordwesten immer parallel zum Mekong und unterhielten uns über längst vergangene Zeiten, als wir an der Uni in Bremen studierten, mit mehr oder weniger klaren Zukunftsvorstellungen über ‚eine gerechtere Welt’.
Kurz bevor wir den Than Thong Waterfall erreichten, bogen wir links ab in Richtung Wat Pra Tak Suer. Bereits nach einigen hundert Metern den Berg hinauf hüllte sich die Straße in die tief hängende Wolken.
Nach rund fünf Kilometern bergauf erreichten wir ‚die Aussicht’ am bekannten Paragleiterhang: ‚Waschküche’!

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‚Meine Herrschaften ... was sie hier sehen, sie sehen – fast – nichts!’
(Claus auf den Grenzfluss Mekong zwischen Thailand und Laos in die Tiefe weisend)

Wir fuhren durch die von fast undurchdringlichen Wolken und großer Feuchtigkeit geschwängerte Landschaft wieder hinunter zum Mekong. Ich wollte mir wenigstens mit Claus einen wärmenden Cappuccino mit Blick auf den Mekong genehmigen.
Aber die Situation im Tantawan war ähnlich wie oben ‚in den Wolken’.

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Claus macht gute Miene zum ,Schietwedder’ auf der Terrasse des Tantawan. Das gegenüberliegende Ufer verschwindet fast in dem über dem Mekong aufsteigenden Dunst.

Bevor wir den Cappuccino bestellten, kaufte ich gegenüber beim Tesco Lotus noch einige Kekse, da es im Lokal keinen Kuchen oder Ähnliches gab, nahmen unser Getränk zu uns und trollten uns dann bald, da uns trotz Warmgetränks nicht wärmer geworden war!

Auf dem Rückweg, nun in südöstlicher Richtung entlang des Mekong, griffen wir das Thema der Hinfahrt wieder auf:
unser Engagement vor 35 bis 40 Jahren für eine gerechte(re) Gesellschaft beschäftigte uns damals Tag und Nacht, in diesen 70er bis Anfang 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Es ist lange her, so scheint es ... und nach acht Jahren ist diese Bewegung Anfang der 80er Jahre in der Versenkung verschwunden, als wäre nichts gewesen. Viele haben eine wichtige Zeit ihres Lebens, die Jahre der Jugend und der Menschwerdung, in den Dienst dieser Bewegung gestellt ... und dann hat sich dieser Zusammenschluss fast sang- und klanglos ‚verabschiedet’. Einige ‚assimilierten’ zu (mit) den Grünen... das war’s dann auch schon.
Die häufig recht globale und auch apodiktische Argumentation in Pamphleten und dem Zentralorgan war zwar einleuchtend, ging aber im Detail häufig an der Realität und den Erfahrungen ‚der Massen’ vorbei. Zunehmende Isolierung und innere Zwistigkeiten führten dann zum ‚Absterben’ dieser zu Anfang der siebziger Jahre mit großem Enthusiasmus aus mehreren Organisationen zusammengeschlossenen Bewegung. Neben dem fragwürdigen Agieren im Land gab es auch Widersprüchliches in der Auseinandersetzung mit den kommunistischen Bewegungen im Ausland, wie z.B. mit dem damals so bezeichneten Demokratischen Kampuchea (Kambodscha) Mitte bis Ende der siebziger Jahre. Natürlich(?) wurde auch das neu entstandene Regime unter Pol Pot (Saloth Sar) unterstützt. Die internationale Presse zeichnete ein gänzlich anderes Bild!
Durch Literatur, die ich in der Zeit danach las, musste ich doch schmerzlich unsere damaligen (gefühlten) Fehler eingestehen. Unsere damaligen Einschätzungen haben sich ‚schädlich’ auf die verhältnismäßig jungen Bewegungen Westeuropas und Nordamerikas ausgewirkt.
Wie immer auf meinen Reisen, habe ich parallel Bücher zu dem jeweiligen Gastland gelesen. Anfang 2009, als ich Kambodscha bereiste (siehe mein Fernöstliches Tagebuch vom April 2009 waren es Farovik, Tor/ „In Buddhas Gärten“/ München 2007/ Seite 112 ff sowie Neuhauser, Andreas/ “Kambodscha, Handbuch für individuelles Entdecken“/ Bielefeld 2008/ Seite 97 ff und Terzani, Tiziano/ „Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater, ein Sohn und die große Reise des Lebens“/ München 2008/ Seite 114 ff.
Gut kann ich mich aus eigener Anschauung an das noch immer sehr ärmliche Land erinnern, in dem fast die gesamte wichtige ‚mittlere Generation’ entweder durch Mangel-Ernährung ‚wegstarb’ oder ermordet wurde. Das galt besonders für die nachwachsende ‚Intelligenz’, der sich die Roten Khmer entweder sofort ‚entledigte’ oder sie durch ‚Arbeit’ vernichtete.
Der Steinzeit-Kommunismus von Pol Pot und den Roten Khmer mit ihrer revolutionären Organisation Angkar wollten Kambodscha in einen unabhängigen Agrarstaat verwandeln, und das mit allen Mitteln. Khieu Samphan (studierte Volkswirtschaft und Recht in Paris zur gleichen Zeit wie Saloth Sar/ Pol Pot, war als Kopf der Roten Khmer von 1976 bis 1979 Staatsoberhaupt und wurde im August 2014 zu lebenslanger Haft wegen ‚Verbrechens gegen die Menschlichkeit’ verurteilt) hatte verlauten lassen: “Wir werden die erste Nation sein, die sich in eine perfekte kommunistische Gesellschaft verwandelt, ohne dabei durch Zwischenschritte Zeit zu vergeuden.“

Kurz vor meiner Abreise 2014 habe ich noch ein Buch in einer ‚Bücherstube’ an der Balgebrückstraße in meiner Heimatstadt gefunden:
Fröberg Idling, Peter/ „Pol Pots Lächeln“/ Frankfurt a./M. 2013.
Der junge schwedische Autor hat mehrere Jahre in Kambodscha gelebt und sich dabei kritisch mit dem Terrorregime von Pol Pot auseinander gesetzt. Ausgangspunkt seines Buches ist der Bericht einer Gruppe von vier schwedischen Linksintellektuellen (unter ihnen der bekannte schwedische Schriftsteller Jan Myrdal), die im Sommer 1978 zwei Wochen das zum Ausland hin abgeschirmte Kambodscha bereisen konnten. Ihr wurden Vorzeigeprojekte (Staudämme, Fabriken und landwirtschaftliche Kollektive) präsentiert und sie berichteten nach ihrer Rückkehr nach Europa begeistert über das ‚Demokratische Kampuchea’, ohne zu durchschauen, dass sie reiner Propaganda bzw. Potemkinschen (Potjomkinschen) Dörfern aufgesessen waren; kein Wort über Zwangsarbeit, Hunger und Spuren des Massenmords, der ein Viertel der kambodschanischen Bevölkerung zum Opfer fiel. Mehr als 25 Jahre später entlarvt Fröberg Idling die Unterstützung für Pol Pot als einen der fürchterlichsten ,linken’ Irrtümer und stellt die Frage, ob jüngere Generationen heute klarer sehen ... oder wiederum anderen idealistischen Trugbildern erliegen?!

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