HELMUT RIELÄNDER
Malerei, Grafik und Installationen

HolzpfeillinksHolzpfeilrechts
Südostasiatische Notizen

Siddhartha Guatama wollten – laut Überlieferungen – Phi (Geister) in unterschiedlichsten Situationen auf seinem Weg der Erleuchtung in Versuchung führen. In diesen drei Beispielen waren es böse Geister. Durch Überlieferungen in vielen religiösen Schriften finden sich diese Beispiele wieder. Bis in die Neuzeit werden diese Episoden aus dem Leben Siddharthas von hochrangigen Mönchen interpretiert.

Auch wenn die Darstellungsweisen auf den abgebildeten Fensterläden z.T. comicartig daher kommen, hat diese Art des Glaubens an außer unserer Realität Existierendem für die Thais große Bedeutung. Phi, wie die Geister im Thailändischen bezeichnet werden, sind – wir würden sagen – die Seelen Verstorbener, die großen Einfluss auf das Dasein der Lebenden haben.

Diese Phi brauchen ihren eigenen Raum, ihre Stätte, die von den Lebenden zu respektieren und ehren ist, keinesfalls verletzt oder gestört werden darf. Ich war vor drei Wochen bei der Totenfeier eines Sohnes einer Freundin von Liw, der Partnerin von Freund Heinz. Diese trauernde Frau Wi hatte zwei Tage zuvor ihren Sohn, um die zwanzig Jahre alt, durch einen tragischen Unfall verloren. Er war beim Fischen ins Wasser gefallen und ertrunken.

Sein ‚Vergehen/Frevel’, mit dem er die Integrität der Phi verletzte, war, dass er – nicht wissend in einem Gebiet, dass von den Phi ‚bewohnt’ ist – frische Bambusschösslinge geschnitten und geerntet hatte. Die Phi haben ihn anschließend ‚geholt’, als er im See fischen war?!

Dass er Nichtschwimmer war, spielte dabei keine Rolle.

Schon in meinem ‚Fernöstlichen Tagebuch’ vor sechs Jahren habe ich über die Errichtung von Geisterhäusern (s. Seite 3) beim Bau eines neuen Hauses geschrieben. Das Geisterhaus muss unter bestimmten Maßgaben möglichst vor dem Neubau errichtet werden, um die Geister milde zu stimmen. Dazu sollte es südlich, östlich oder nordöstlich vom Neubau stehen, damit der Schatten des geplanten Hauses nie auf das Geisterhäuschen fallen kann. Opfergaben, Verpflegung, Getränke werden täglich erneuert und im oder am ‚Geisterdomizil’ abgelegt, um die Bewohner milde zu stimmen. Dies geschieht auch in der Hoffnung, dass sie – falls der Besitzer des benachbarten Neubaus sie von ihrem angestammten Platz vertrieben haben sollte – ihn nicht aus Rache ob der Vertreibung schikanieren. Im Gegenteil, mit der Errichtung eines Geisterhauses geht der Bauherr eher davon aus, dass sich die Phi anständig verhalten, für das Wohl seines neuen Wohnhauses sorgen und Unglück von seinen Bewohnern abwenden.

Rei sagte mir, dass es zur Hälfte gute Geister und zur anderen Hälfte böse, heimtückische Geister gäbe. Aktiv werden diese Geister nach Einbruch der Dunkelheit (Rei sagte gerade: „six o’clock when it’s getting dark you can see!“).

Viele Phi wurden angeblich nach dem Tsunami im Jahre 2004 gesichtet.

„Nachdem in den Tagen und Wochen nach dem Tsunami zahlreiche Thais die „Geister“ der in den Wellen Verstorbenen gesichtet hatten, wurden auf Anordnung des Premierministers (damals, Thaksin Shinawatra d.V.) mehrfach Exorzismusriten am Strand von Patong zelebriert, die die Geister ein für alle mal verbannen sollten. Zu diesem Zweck wurden unter anderen ein Trupp buddhistischer Mönche aus Japan eingeflogen – ein nicht ganz billiges Unterfangen. Der Exorzismus war vor allem darauf angelegt, die von den Geistergeschichten verängstigten asiatischen Touristen zurückzuholen, vor allem die Chinesen, Koreaner und Taiwanesen, unter denen der Geisterglaube sehr verbreitet ist. Aber auch viele Thais blieben den betroffenen Gebieten fern, denn die Geistergeschichten, die durch die lokale Presse und das Fernsehen gingen, waren nun doch zu beängstigend. So grassierte beispielsweise das Gerücht von einem ganzen Flugzeug voll von Geistern: Ein Flugzeug war gechartert worden, Tsunami geschädigte Touristen nach Bangkok auszufliegen; nachdem jedermann an Bord gegangen war, hob das Flugzeug planmäßig ab, und plötzlich bemerkten die Hostessen, dass das Flugzeug völlig leer war – die an Bord gegangenen „Passagiere“ waren Geister gewesen, die plötzlich wieder unsichtbar waren. Geschichten wie diese wurden von sehr vielen Thais völlig ernst genommen. Bemerkenswerterweise waren die meisten gesichteten Geister die von verstorbenen Westlern (Farang d.V.), die scheinbar Furcht einflößender sind, als die einheimischer Geister.“

(aus: Krack, Rainer; Vater, Tom;/ Thailand Handbuch/ Reisen Know How/ Bielefeld 2011/ Seite149).

weiter >>>
<<< zurück